[Von Michael Barth] – Hillary Clinton äußert Kritik, dass sich Russland zu sehr in den US-Wahlkampf einmische. Die Chemie zwischen ihr und Präsident Putin stimme ohnehin nicht. Donald Trump hingegen gibt sich verständnisvoll und sieht einen drohenden Weltkrieg, wenn die USA auf ihrer Krimpolititik beharre.
Ein US-Amerikanischer Wahlkampf war schon immer ein Spektakel für sich. Da wird beschuldigt, es wird beschimpft, es scheint, als gäbe es keine Regeln und der gute Ton ist abgeschaltet. Mitunter gleichen derlei Veranstaltungen einem Rodeo in bester Wild-West-Manier. Lediglich vom Gebrauch der Waffen sieht man, bislang zumindest, noch ab. Ganz Amerika scheint entfesselt, als wohne es kollektiv einer Aufführung des Komödienstadels bei. Die Skala der unerträglichen Geschmacklosigkeit scheint nach oben offen.
Jüngst war es noch der Email-Verkehr der Demokraten, die wie aus dem Nichts auf einmal öffentlich wurden. Als Antwort hagelte es Zynismus. Schon längst ist die US-Präsidentschaftswahl meilenweit davon entfernt, über Bildung, soziale Versorgung, schlicht über Reformen zum Allgemeinwohl zu debattieren. Ein leidiges Brüsten mit militärischer Stärke und das Hervorkramen von alten Feindbildern genießt inzwischen oberste Priorität.
Das Kuriose dabei ist, Russland wurde dabei eine tragende Rolle zugedacht, tragender als dem Kreml lieb sein mag. Hillary Clinton, die die Politik der Demokraten repräsentieren soll, spricht offenherzig von Feindseligkeiten und würde vermutlich lieber heute als morgen in einen Krieg gegen das verhasste Russland ziehen. Der Republikaner Donald Trump, bei dem man sich nicht immer sicher sein kann, ob er überhaupt weiß von was er redet, setzt offenbar auf eine Politik des Einlenkens.
Russland auf einmal mittendrin
Sogar in der offenen Krimfrage, die nach Ansicht der USA von Russland gewaltsam annektiert sei, signalisierte der Präsidentschaftsanwärter mit seiner oft belächelten hemdsärmeligen Art, einsichtiger auf die Belange der dort lebenden Bevölkerung und die aus Moskau zu achten. Erst vor wenigen Tagen betonte er zum wiederholten Mal, es sei für ihn durchaus denkbar, die momentan herrschenden Verhältnisse im Bezug auf die Halbinsel zu respektieren.
Trump habe ihm zufolge vor, diese Frage zu behandeln. „Wissen Sie, das Volk auf der Krim zieht es vor, bei Russland zu sein, und nicht dort, wo es früher gewesen ist. Und Sie müssen dies berücksichtigen“, äußerte er sich vor seinen Anhängern. Aber Trump wäre nicht Trump, hätte er nicht gleich ein Schreckensszenario parat, bei dem man ihm durchaus recht geben könnte.
Offen spricht er davon, dass, sollten die USA daran festhalten die Krim wieder an die Ukraine zurückzuführen, durchaus die Gefahr bestünde einen militärischen Konflikt herauf zu beschwören. „Ich meine, wollen Sie alles zurückdrehen und den Dritten Weltkrieg lostreten, um die Krim zurückzuerobern?“, so Trump. Außerdem kündigte „The Donald“ an, wolle er das „miserable Verhältnis“ zu Russland verbessern. Damit sprach er auch den Kampf gegen den internationalen Terrorismus an: „Wenn Russland uns helfen würde, den Islamischen Staat loszuwerden, könnten wir sehr viel Geld und Menschenleben erhalten.“
Miteinander statt Feindschaft
Somit erlebt Russland zum ersten Mal einen US-Präsidentschaftswahlkampf, in dem ein Kandidat Moskau offen unterstützt. Allerdings will man im Kreml keinem der Anwärter so richtig trauen. Die Demokraten kokettieren offen mit militärischer Strenge gegenüber Moskau. Bei den Republikanern kann man sich nicht sicher sein, ob nicht schlichtweg wahlpolitisches Kalkül den Takt vorgibt. Zumal das zeitweilig wirr anmutende Auftreten ihres Kandidaten oft mehr Fragen hinterlässt, als je gefragt wurden.
Irgendwie hat es dieser Irrwisch Trump allmählich geschafft, sich halbwegs positiv in den Köpfen der Russen festzusetzen. Michail Scheremet, der Vizepremier der russischen Krimregierung, möchte sich dagegen lieber selbst ein Bild von dem eventuellen künftigen US-Präsidenten machen. Er würde gerne Donald Trump auf die Krim eingeladen. „Wir freuen uns über alle Freunde, die sich bei uns erholen“, teilte Scheremet der Nachrichtenagentur Ria Nowosti mit.
In Kiew allerdings ließ man sich die Aussagen des republikanischen Kandidaten nicht gefallen. „Die unverschämte Erklärung des US-Präsidentschaftskandidaten Trump über die mögliche Anerkennung der Krim als Teil Russlands – das ist die Diagnose, dass er ein gefährlicher Marginaler ist“, schrieb Innenminister Arsen Awakow auf Facebook. Er zeigte sich überzeugt, dass eine Person wie Trump „kein Garant der demokratischen Freiheiten in den USA und der Welt sein kann“.
Im selben Atemzug verwies Awakow darauf, dass Trumps Wahlstab von Paul Manafort geleitet wird, dem früheren Berater des weggeputschten ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch. „Es ist kein Zufall, dass Manafort früher Janukowitschs Stab geleitet hat und jetzt in der gleichen Position an Trumps Seite steht. Janukowitsch ist über die Krim nach Russland geflohen. Wohin führt Manafort Trump?“, stellte der Innenminister daher süffisant in Frage.
[Michael Barth/russland.RU]
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