Uljanowsk siedelt verstärkt Luftfahrtindustrie an

[Von Ullrich Umann/gtai] In Uljanowsk entsteht 2014 ein auf die Montage und Wartung von Flugzeugen spezialisierter Industriepark. Eingebettet ist das Projekt in die Flughafen-Sonderwirtschaftszone auf dem Gelände des Airports „Uljanowsk-Wostotschny“. Mit dem Industriepark soll das Angebot auf Unternehmen ausgeweitet werden, die keine eigene Infrastruktur errichten wollen. Sie können sich Montage- und Lagerhallen sowie Büroräume mieten.

Die zu errichtenden Montagehallen im neuen Industriepark werden ausreichend groß sein und mit Spezialtoren ausgestattet, um Flugzeuge darin unterbringen zu können. Von den Hallen aus können die Start- und Landebahnen des Airports Uljanowsk-Wostotschny leicht erreicht werden. Neben der technischen Infrastruktur werden künftigen Mietern im Industriepark dieselben fiskalischen und alle anderen Vergünstigungen gewährt, wie sie die bereits niedergelassenen Residenten in der Sonderwirtschaftszone erhalten.

flugzeuguljanowsk

Zu den Residenten gehören bislang sechs Unternehmen:

– Firmengruppe Volga-Dnepr Technics Uljanovsk zur Wartung großräumiger Transportflugzeuge,

– FL Technics Uljanovsk zur Wartung ausländischer Flugtechnik mit enger Kabine,

– Gemeinschaftsunternehmen von Vitjaz und der kanadischen Viking zur Montage und Wartung des Modells DHC-6 Twin Otter-Series 400,

– Gemeinschaftsunternehmen aus dem Konzern Aviapriborostrojenie, der Aviapribor-Holding und dem Entwicklungsbüro Priborostrojenie aus Uljanowsk zur Herstellung und Wartung von Flugzeugelektronik,

– Gemeinschaftsunternehmen aus dem US-Unternehmen AAR und dem russischen Investor M. Auschew für die Beschaffung und Lagerung von Flugzeugersatzteilen sowie zur Wartung von Flugzeugen,

– Unternehmen Promtech Uljanovsk zur Herstellung von Kabelsystemen für Flugzeuge und Hubschrauber.

Mit der Einrichtung des Industrieparks innerhalb der Sonderwirtschaftszone sollen die Anfangskosten für kleine und mittlere Produzenten möglichst gering gehalten werden. Im Unterschied zu den bisherigen Residenten, die ihre Werkhallen selber planen und bauen, brauchen neue Firmen lediglich einen Mietvertrag unterschreiben. Wie die Leitung der Sonderwirtschaftszone mitteilte, werden sich Hersteller von Klein- und Regionalflugzeugen niederlassen, darunter der Turbopropmaschine Q-400 der kanadischen Bombardier, der tschechischen Evektor EV-55 Outback und der russischen Akkord-201.

Rostech und Bombardier haben entschieden, das Regionalflugzeug Q-400 mit 78 Sitzplätzen in Uljanowsk in Serie zu fertigen. Die staatliche Holding Rostech bestätigte die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens und den Bau des Flugzeugwerks auf dem Gelände der Sonderwirtschaftszone. Der erste Spatenstich wird 2014 erfolgen. Im 2. Quartal 2015 soll die komplette Montage aus Flugzeugteilen, die aus verschiedenen Ländern zugeliefert werden, anlaufen. Der Investitionsaufwand liegt bei etwa 100 Mio. US$. Zu jeweils der Hälfte werden die Gelder einerseits in die Errichtung der Werksinfrastruktur und andererseits in die Ausstattung sowie in Personalschulungen fließen, erläuterte der Chefingenieur des Projekts Sergej Halperin.

Vorgesehen ist auch, in Uljanowsk den After-Sales-Service für die Q-400 zu organisieren und die Produktion von Flugzeugkomponenten zu lokalisieren. Laut Halperin ist die Nachfrage nach Regionalflugzeugen in Russland hoch. Umfragen bei Fluglinien hätten ergeben, dass diese bereit seien, bis 2017 etwa 50 Regionalflugzeuge zu erwerben. Bis 2030 würden 250 Flugzeuge benötigt.

Das tschechische Unternehmen Evektor hat die Rechte zur Produktion, zum Verkauf und zur Wartung der EV-55 auf dem Territorium der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten an die Firma Vektor NG Rus vergeben. Vektor NG kümmert sich nun um die Zertifizierung und technische Zulassung dieses Flugzeugtyps in Russland. Die Fluggesellschaft AeroGeo aus Krasnojarsk soll auch schon Interesse am Erwerb von 29 Maschinen geäußert haben. Der Kauf von zehn Maschinen würde durch die Leasinggesellschaft Iljushin Finance abgesichert.

Das Unternehmen Aviatech aus Samara wird in Uljanowsk das zweimotorige Amphibienflugzeug L-42M montieren.

Derzeit führt die Flughafen-Sonderwirtschaftszone Vorverhandlungen mit dem russischen Flugzeugkonzern Irkut. Ziel ist es, die Innenmontage des gerade in der Entwicklung befindlichen Mittelstrecken-Passagierflugzeugs MS-21 in Uljanowsk anzusiedeln.

Alle genannten Vorhaben werden, so rechnen die Experten vor Ort, den Zuzug weiterer Unternehmen aus dem Zulieferbereich auslösen. Damit bestätigt sich Uljanowsk als wichtiger Standort für die russische Luft- und Raumfahrtindustrie.

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