Überall „ausländische Agenten?“

Überall „ausländische Agenten?“

Seit 2012 existiert in Russland ein Gesetz über russische NGOs, nachdem sie als „ausländische Agenten“ bezeichnet werden können, falls sie aus dem Ausland finanziert werden. Am 21. November verabschiedete die Staatsduma (untere Kammer des russischen Parlaments) einen Gesetzesentwurf, der die Einstufung einer natürlichen Person als ausländischer Agent gestattet. Bereits am 25. November genehmigte der Föderationsrat (obere Kammer des russischen Parlaments) den Gesetzesentwurf. Wird der Gesetzesentwurf vom Präsidenten unterzeichnet, kann eine natürliche Person zum ausländischen Agenten erklärt werden. Was bedeutet dies für die Praxis? Der Anwalt Taras Derkatsch, Senior Associate von Beiten Burkhardt Moskau, klärt auf.

Durch den Gesetzesentwurf werden die gesetzlichen Vorschriften über die Massenmedien geändert. Bisher konnte eine juristische Person, die Druck- und Audiomitteilungen, audiovisuelle sowie sonstige für einen unbestimmten Personenkreis bestimmte Mitteilungen und Materialien verbreitet, zum ausländischen Massenmedium, das die Funktionen eines ausländischen Agenten ausübt, erklärt werden, wenn sie aus dem Ausland heraus finanziert wurde.

Nach dem Gesetzesentwurf kann nun auch eine natürliche Person, die solche Informationen verbreitet und aus dem Ausland heraus finanziert wird, zum ausländischen Agenten erklärt werden. Außerdem kann sie in ein besonderes Register aufgenommen werden. In dieses Register kann eine natürliche Person außerdem aufgenommen werden, wenn sie sich neben einem ausländischen Massenmedium, das die Funktionen eines ausländischen Agenten ausübt, an der Erstellung von Mitteilungen und Materialien beteiligt und aus dem Ausland heraus finanziert wird.

Welche Folgen hat es, wenn eine natürliche Person zum ausländischen Agenten erklärt wird? In diesem Fall ist die natürliche Person verpflichtet, in Russland eine juristische Person zu gründen, über die die Verbreitung der Mitteilungen und Materialien in Russland organisiert wird. Eine solche juristische Person gilt als ausländischer Agent. Dies bedeutet, dass die von diesem ausländischen Agenten verbreiteten Informationen mit einem Hinweis darauf zu versehen sind, dass die Materialien durch einen ausländischen Agenten hergestellt wurden. In der Praxis verpflichtet der Status eines ausländischen Agenten eine juristische Person ferner zu einer erweiterten Berichterstattung über ihre Tätigkeit und ihre Finanzierung. Verletzt sie diese Verpflichtung, kann sie mit einer Geldstrafe in Höhe von bis zu 300.000 Rubel (rund 4.300 Euro) belegt werden. Für eine natürliche Person ist keine Geldstrafe vorgesehen.

Es ist sehr schwierig vorherzusagen, wie das Gesetz in der Praxis funktionieren wird. Werden natürliche Personen bestraft, wenn sie die Verpflichtung zur Gründung einer russischen juristischen Person für die Verbreitung von Informationen nicht erfüllen? Erwartet Russland eine Schwemme von Registrierungen juristischer Personen seitens russischer Staatsbürger, die Informationen aus ausländischen Massenmedien (z. B. über Reposts in Facebook) verbreiten und dabei in ausländischen Unternehmen arbeiten? Es ist durchaus möglich, dass das Justizministerium hierzu Erläuterungen veröffentlichen wird. Möglicherweise bilden sich solche Erläuterungen auch durch die Rechtsprechung.

Taras Derkatsch, Ph.D., Senior Associate

BEITEN BURKHARDT | Turchaninov per. 6/2 | 119034 Moskau
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Taras.Derkatsch@bblaw.com

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