Witali Tschurkin: Ein wortgewandtes Urgestein

[Von Hans-Ulrich Berger und Michael Barth] – Bisweilen hatten sie nichts zu lachen, seine Kollegen und seine Gegner auf der Bühne der Welpolitik. Der überraschend gestorbene UN-Botschafter Russlands galt als „Stahlarbeiter“ unter den Diplomaten.

Der ständige Vertreter Russlands bei den Vereinten Nationen, Witali Tschurkin begann seine politische Karriere unmittelbar nach seinem Studium am Moskauer Staatlichen Institut für Internationale Beziehungen als Übersetzer im Außenministerium der damaligen UdSSR. Ab 1979 arbeitete er in der USA-Abteilung des sowjetischen Außenministeriums bis es ihn 1982 zur sowjetische Botschaft in Washington verschlug. Nach einer zweijährigen Episode in der außenpolitischen Abteilung des Zentralkomitees der KpdSU wechselte Tschurkin kurzzeitig ins Pressesekretariat des Außenministeriums und avancierte zum Leiter der Informationsabteilung des Ministeriums.

Auch nach dem Zerfall der Sowjetunion blieb er seiner Dienststelle treu und wurde Stellvertreter des damaligen russischen Außenministers Andrei Kosyrew. 1994 ging er als russischer Botschafter nach Brüssel, später verschlug es Witali Tschurkin nach Ottawa in Kanada. Im April 2006 schließlich, trat Tschurkin den Posten als ständiger Vertreter Russlands im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen an. Der promovierter Historiker sollte durch seine wortgewandten Äußerungen für Schlagzeilen sorgen.

Schlagkräftige Worte

„Die Arbeit eines Diplomaten ist so ähnlich wie die eines Stahlarbeiters“ sagte Tschurkin im Jahr 2009 gegenüber dem russischen Staatsfernsehen. Nun ist er selbst von seiner politischen Bühne gegangen. Einen Tag vor seinem 65. Geburtstag holte ihn sein Herz vom Parkett der Diplomatie. Zur Erinnerung an einen großen Politiker wollen wir uns an dieser Stelle an einige seiner scharfzüngigen Worte zurückerinnern.

Erst letztes Jahr verließ Witali Tschurkin während eines hitzigen Wortgefechts mit der damaligen US-Botschafterin Samantha Power zum Syrien-Konfliktaus aus Protest demonstrativ den Sitzungssaal des UNO-Sicherheitsrates mit den Worten: „Es hat keinen Sinn, Botschafterin Power zuzuhören.“ Ebenfalls 2016 zeigte er sich skeptisch über die Chancen einer Friedensregelung für Syrien, dies sei gegenwärtig fast eine unmögliche Aufgabe.

Am 27. Oktober 2016, als der UN-Vizegeneralsekretär Stephen O’Brien Russland Bombardements in Syrien zur Last legte und dabei aus einem Gedicht des schottischen Dichters Robert Burns zitierte, antwortete Tschurkin scharfzüngig: „Bräuchten wir eine Predigt, würden wir in die Kirche gehen, bräuchten wir Gedichte, würden wir ins Theater gehen … Legen Sie bitte wenigsten einen Beweis vor oder belassen Sie Ihre Erzählungen für einen Roman, den Sie möglicherweise künftig verfassen werden.

Tschurkin machte im September des vergangenen Jahres Schlagzeilen, als er mit einer Beschwerde vor den Vereinten Nationen beantragte, der UN-Menschenrechtsbeauftragte, Zeid Ra’ad Al Hussein, möge seine Kritik am damaligen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump mäßigen. Tschurkin ersuchte sogar eine Privataudienz bei Generalsekretär Ban Ki-moon, um gegen Husseins Reden zu protestieren, in denen er Trump als „Demagoge“ bezeichnet hatte. „Prince Zeid überschreitet seine Grenzen von Zeit zu Zeit und wir sind unglücklich darüber“, wird er bei CNN zitiert.

Seine US-amerikanischen Kollegin Nikki Haley, die am 2. Februar 2017 in einer Sitzung des Weltsicherheitsrates erklärte, die Krim sei ukrainisch und müsse an Kiew zurückgegeben werden, erinnerte Tschurkin an die Verfassung der Vereinigten Staaten, in der die „historischen Worte stehen: ‚Wir, das Volk‘… Das Volk der Krim hat seinen Willen beim Referendum durchaus konkret geäußert.“ In derselben Sitzung konterte er dem britischen UN-Vertreter, Matthew Rycroft, der im Weltsicherheitsrat Russland beschuldigte, die Ukraine-Krise verursacht zu haben.

„Bringen Sie die Falkland-Inseln zurück, bringen Sie Gibraltar zurück, bringen Sie den von Ihnen konservierten Teil Zyperns zurück, bringen Sie das Chagos-Archipel im Indischen Ozean zurück, den Sie in einen riesigen Militärstützpunkt verwandelt haben. Dann dürfte Ihr Gewissen möglicherweise reiner werden.“

[hub,mb/russland.NEWS]

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