Tschaikowskys Oper „Die Jungfrau von Orléans“ in Düsseldorf stürmisch gefeiertFoto: Sandra Then - Pressemappe

Tschaikowskys Oper „Die Jungfrau von Orléans“ in Düsseldorf stürmisch gefeiert

Auf diese Premiere haben die Düsseldorfer lange gewartet. Zuerst kam die Pandemie, dann der Krieg Putins gegen die Ukraine. Doch am vorigen Samstag war es soweit: das monumentale Werk von Peter Tschaikowsky „Die Jungfrau von Orléans“ wurde zum ersten Mal in der Oper am Rhein auf die Bühne gebracht.

Zugrunde von Tschaikowskys Oper, die er 1881 schuf, liegt Friedrich Schillers Tragödie. Fast 250 Jahre später wurde das Werk „das Stück der Stunde“, meint Regisseurin Elisabeth Stöppler, die die klanggewaltige russische Oper inszenierte. Die schöne russische Sprache ist jetzt die Sprache des Aggressors. Aber gerade deshalb finde sie es sei «wichtig, sie zu hören“, so die Regisseurin, die „Die Jungfrau von Orléans“ unsentimental und geradlinig in Szene setzt. Wie so oft wird der Stoff in die heutige Zeit verlegt. Diese Art alte Opern um jeden Preis modernen zu interpretieren, kann niemanden mehr überraschen und wirkt manchmal gekünstelt. Man fragt sich, warum es so sein muss und inwiefern uns dadurch die Musik nähergebracht wird. Elisabeth Stöpplers Regieführung ist jedoch so stimmig, dass man das Gefühl hat, Tschaikowskys Oper hätte gar nicht anders inszeniert werden können: Alles in dieser Oper dreht sich um Krieg, und so kommt man nicht umhin, daran zu denken, was gerade in Europa passiert. Die Regisseurin verzichtet bewusst auf klare Symbole. „Es geht um eine Frau, die für ihr Land kämpfen will. Sie will Menschen mobilisieren, kämpfen und unbedingt siegen. Doch im zweiten Akt der Oper versteht sie durch Begegnung mit einem Mann, dass es nicht darum geht, sondern darum, sich mit den Menschen zu solidarisieren, Feindschaften aufzugeben und nicht gegen Brüder und Schwestern anzutreten. Wir inszenierten die Oper in der russischen Sprache, viele Muttersprachler singen bei uns“, sagte sie in einem Interview mit russland.NEWS nach der Premiere. Dies verschärfe den Zusammenhang mit der Realität, ist gleichzeitig ein Zeichen der Solidarität mit der russischen Kultur über alle Grenzen hinweg.

Unter der musikalischen Leitung von Péter Halász gab die russische Mezzosopranistin Maria Kataeva ihr Rollendebüt. Für die auf den internationalen Bühnen gefeierte Sängerin war diese Rolle eine Herausforderung: „Die Figur der Jeanne d’Arc ist eine der komplexesten Opernfiguren. Tschaikowskys Musik bringt die innere Zerrissenheit des Protagonisten brillant zum Ausdruck. Es sind Widersprüche zwischen der Psychologie einer Frau und einer Kriegerin, zwischen Liebe und Pflicht. Die Oper enthält Anklänge an russische Volkslieder, Kirchenchoräle und Melodien französischer Lieder, kombiniert Elemente eines Oratoriums mit den Elementen französischen romantischen Opern“. All dies mache die Musik auch ohne Kenntnisse der russischen Sprache verständlich, findet die Sängerin. Hinzu kommt, dass die Rolle ursprünglich für eine Sopranstimme geschrieben war und sehr lang ist. „Sie hat viele hohe Töne, dramatische Intonationen, Intervallsprünge. Gleichzeitig muss die Stimme ein perfektes Legato bewältigen. Manchmal muss sie samtig klingeln und die Zerbrechlichkeit eines jungen Mädchens vermitteln, und manchmal muss das Timbre scharf werden, wie eine Schwertklinge“.

All das bewältigte die gebürtige Sibirierin bei der Premiere bravourös. Schon nach der ersten Arie von Johanna „Lebt wohl, ihr Berge“ reagierte das Düsseldorfer Publikum mit langem begeistertem Applaus.

Die Regisseurin schwärmt über ihre Solistin, sie sei eine „Hammer-Sängerin“. Und Maria Kataeva fühlte sich bei der Inszenierung in guten Händen: „Elisabeth Stöppler ist eine große Regisseurin! Es macht Riesenspaß, mit ihr zusammenzuarbeiten. Sie hat ein großes Gespür für Musik, kennt die Übersetzung jedes einzelnen Wortes und hat ein klares Konzept für die Aufführung“, sagt Kataeva und fügt hinzu: „Diese Oper ist für jeden eine große Herausforderung. Ich bin begeistert von meinen Kollegen! Die meisten von ihnen sprechen kein Russisch. Zum Beispiel der Chor, der in der russischen Musik traditionell eine große Rolle spielt, und zwar die Rolle des Volkes. Der Höhepunkt der Oper ist fast ausschließlich für den Chor geschrieben. Eine große Inspiration sind meine Solistenkollegen: Sergej Khomov, Richard Šveda, Luiza Fatiol und Sami Luttinen“.

Neben festen Ensemblemitgliedern der Düsseldorfer Oper sehr überzeugend waren der aserbaidschanische Bariton Evez Abdulla als Dunois und der russische Tenor Aleksandr Nesterenko als Raimond.

Bei der Düsseldorfer Premiere passierte etwas, was nicht unbedingt immer vorkommt: Das gesamte Ensemble sang mit einer solchen Hingabe, einer so offensichtlichen Freude und Liebe zur Musik, dass sich diese Energie auf das Publikum übertrug. „Der Funken sprang über“, wie man so sagt, und die Zuschauer dankten den Künstlern mit einem tobenden Beifallssturm und lang andauerndem Standing Ovation.

„Es ist ein großartiger Erfolg, ich bin über allen Maßen erfreut, dass es so aufgenommen wurde“, sagte der Intendant der Oper am Rhein Christoph Meyer im Interview mit russland.NEWS nach der Premiere. „Ich glaube, es war ein klares Bekenntnis: Krieg macht keinen Sinn“.

[Daria Boll-Palievskaya/russland.NEWS]

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