Transneft baut Sibiriens Ölpipelines aus

[Von Ullrich Umann und Edda Wolf /gtai] – Die russische OAO AK Transneft plant für 2014 bis 2018 Investitionen in neue Pipelines von 458 Mrd. Rubel.

In die Generalreparatur und Rekonstruktion der bestehenden Pipeline-Infrastruktur sollen bis 2020 rund 1,5 Billionen Rubel fließen. Dabei setzt das Unternehmen verstärkt auf Importsubstitution. Die Stahlrohre stammen schon häufig aus russischen Werken. Für deutsche Zulieferer ist das ein deutliches Signal, ihre Produktion zu lokalisieren.

Im September 2013 hatte der Präsident von Transneft, Nikolaj Tokarev, noch Investitionen in neue Projekte von 500 Mrd. Rubel für 2014 bis 2018 angekündigt. Hauptgrund für die Korrektur des Investitionsprogramms nach unten war, dass die russische Regierung die Tarife für Dienstleistungen der natürlichen Monopole vorerst eingefroren hat.

OAO AK Transneft – Plan für 2014 bis 2018/20

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Quelle: Treffen des Präsidenten der OAO AK Transneft mit Pressevertretern am 13.01.2014

Die wichtigsten Projekte sind der Bau der Ölpipelines Sapoljarje-Purpe und Kujumba-Tajschet in Ostsibirien, die Erhöhung der Durchflusskapazität der Ostsibirien-Pazifik-Pipeline sowie die Projekte Jug (Süden) und Sewer (Norden). Außerdem sollen bestehende Leitungen und Pumpstationen modernisiert werden, um Energie einzusparen und den Umweltschutz zu verbessern.

OAO AK Transneft – Aktuelle Investitionsprojekte

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1) Umfang der Investitionsprojekte gemäß Beschluss des Direktorenrates der OAO AK Transneft vom 13.12.2013 (Karte der Pipelines: http://www.transneft.ru/pipelines/);

2) Im Investitionsprogramm nicht enthalten sind die Kosten für die Erweiterung der Kapazität der Ostsibirien-Pazifik-Pipeline auf 80 Mio. Tonnen pro Jahr, da die Frage nach den Quellen der Finanzierung für dieses Projekt bislang ungelöst ist. Quelle: OAO AK Transneft „O kompanii dlja investorov“ (Januar 2014)

Die Ölleitung Sapoljarje-Purpe ist ein Teilstück der Pipeline Sapoljarje-Purpe-Samotlor. Sie soll dazu dienen, das Erdöl aus den Lagerstätten im Autonomen Bezirk der Jamal-Nenzen und im Norden der Region Krasnojarsk abzutransportieren. Die Kosten finanziert Transneft aus Eigenmitteln. Der Bau der Leitung erfolgt in drei Abschnitten. Zunächst verlegt die OAO Sibnefteprovod das Teilstück von der Siedlung Tarko-Sale bis nach Purpe – bis zum 1. Quartal 2014. Dann folgt der Abschnitt von der Siedlung Nowosapoljarny nach Tarko-Sale, der im 4. Quartal 2015 fertiggestellt werden soll. Der dritte Teil führt von der Hauptpumpstation nach Nowosapoljarny und soll bereits im 1. Quartal 2016, spätestens jedoch im 4. Quartal 2016, übergeben werden.

Der Betreiber der ostsibirischen Ölpipelines OOO Wostoknefteprovod arbeitet aktuell am Großprojekt Kujumba-Tajschet (technischer Auftraggeber: OOO ZUP WSTO). Im Dezember 2013 startete die Verlegung der Pipeline, die im Gebiet Krasnojarsk über eine Strecke von 515 km und im Gebiet Irkutsk von 190 km verläuft. Dabei muss sie die Flüsse Angara, Tschuna und Birjusa durchqueren. Begleitend werden zwei Pumpstationen mit Öltanklagern gebaut. Ihre Fertigstellung ist bis Mitte 2016 geplant. In einem zweiten Bauabschnitt sollen bis 2020 noch zwei Pumpstationen Nr. 3 und Nr. 4 errichtet werden. Da die Stromnetzgesellschaft FSK EES Abstand genommen hat von ihrer Zusage, die externe Stromversorgung der Pipelines Sapoljarje-Purpe und Kujumba-Tajschet zu bauen, wird Transneft diese Arbeiten selbst beauftragen.

Die Stahlröhren für die neue Nord-Süd-Pipeline werden vom Metallurgischen Werk Wyksa, dem Rohrwalzwerk Tscheljabinsk und dem Wolshsker Rohrwerk geliefert. Die Leitung wird komplett mit Messfühlern ausgestattet, welche Informationen zum Innendruck in Echtzeit an die Dispatcherzentrale übermitteln. An klimatisch und geologisch besonders schwierigen Teilabschnitten (Temperaturen von -56 bis +34 Grad Celsius und Dauerfrostboden, der an manchen Stellen im Sommer an der Oberfläche für wenige Tage auftauen kann) werden zusätzlich Parallelrohre installiert, über die im Havarie- oder Wartungsfall das Öl umgeleitet werden kann. Wegen des Dauerfrostbodens kann das Material nur von Mitte Dezember bis Ende März angeliefert werden. Ab 2016 sollen jährlich 15 Mio. Tonnen Rohöl aus den frisch erschlossenen Ölfeldern im Großraum Kujumba/Jurubscheno-Tochomsk in Richtung Süden und dann weiter in die in Ostsibirien-Pazifik-Pipeline fließen.

Pipelines Sapoljarje-Purpe und Kujumba-Tajschet

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Quellen: OAO AK Transneft, Pressemeldungen

Damit die Ostsibirien-Pazifik-Pipeline (WSTO) die zusätzlichen Ölmengen aufnehmen kann, ist eine Erweiterung der Durchflusskapazität erforderlich. Die russischen Ölkonzerne wollen neue Absatzmärkte für Rohöl im asiatisch-pazifischen Raum erschließen und üben erheblichen Druck auf Transneft aus, damit der Kapazitätsausbau der WSTO auf 80 Mio. jato nicht erst bis 2030 sondern bereits bis Ende 2020 erfolgt. Doch verursacht eine solche Beschleunigung einen kurzfristigen Finanzbedarf von 172 Mio. Rubel (3,8 Mrd. Euro) – Geld, über das der Pipelinebetreiber nicht verfügt. Wegen der hohen Verschuldung von Transneft stehen frische Kreditlinien der Banken zurzeit nicht zur Verfügung. Eine Möglichkeit würden Transfers aus dem Fonds für nationalen Wohlstand darstellen, sofern die Regierung dafür grünes Licht gibt. Eine weitere Finanzierungsoption, die Anhebung des Entgelts für die Nutzung der WSTO, hatte die Regierung durch das Tarifmoratorium für staatliche Monopolunternehmen bereits ausgeschlossen.

Die Transneft-Tochterfirma für Sibirien, OAO Transsibneft, erhält im Rahmen des Investitionsprogramms 2014 rund 2 Mrd. Rubel (44 Mio. Euro). Davon fließen 600 Mio. Rubel in die Modernisierung der Pipeline-Infrastruktur in den Regionen Krasnojarsk, Kemerowo und Nowosibirsk. Zwei Teilstücke der Pipeline Krasnojarsk – Anshero-Sudshensk (Gebiet Kemerowo) sollen ausgetauscht werden. Die Pump- und Lagerstation Anshero-Sudshensk wird modernisiert. In einem Tanklager im Rajon Rubinsk werden darüber hinaus Ölbehälter mit Fassungsvolumina von 40.000 Kubikmeter aufgestellt, die in punkto Umweltschutz dem neuesten Stand der Technik entsprechen. Ein weiteres Vorhaben ist der Austausch von 2 km Erdölleitung zur Durchquerung des Flusses Tschulym (Nebenfluss des Ob). Diese Rohre werden extra mit einer verstärkten Außenwand ausgestattet, damit sie dem Wasserdruck standhalten. Transsibneft teilte mit, dass ausschließlich Rohre aus russischer Produktion verlegt werden.

Die Transneft-Tochterfirma OAO AK Transnefteprodukt baut und betreibt Pipelines für Erdölprodukte. Bis 2020 wird ein großes Modernisierungsprogramm für die russischen Raffinerien realisiert. Bereits 2016 soll ein Großteil der Raffinerien ausgebaut sein und dann werden diese ihren Ausstoß erhöhen. Ein Viertel der Ölprodukte wird zurzeit per Pipeline transportiert, der Rest per Eisenbahn. Da die Gleisstrecken bereits heute teils überlastet sind, müssen neue Pipelines für Ölprodukte gebaut werden. Zu den Projekten gehört eine Leitung vom Afipsker Erdölverarbeitungswerk zum Seehandelshafen Noworossijsk. Durch diese sollen einmal 7 Mio. Tonnen Dieselkraftstoff und 4 Mio. Tonnen Benzin oder Masut (schweres Heizöl) fließen. Außerdem soll das ringförmige Leitungssystem für Flugzeugkerosin rund um Moskau ausgebaut werden. Jedoch ist die Finanzierung noch nicht sichergestellt.

OAO AK Transneft – Transport von Erdöl und Erdölprodukten (in Mio. Tonnen)

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Länge der Pipelines für Erdöl 53.600 km und für Erdölprodukte 19.100 km (1.01.2013) Quelle: OAO AK Transneft „O kompanii dlja investorov“ (Januar 2014)

Laut der Planungen von Transneft für 2014 sollen 38,6 Mio. Tonnen Rohöl durch die WSTO nach Asien exportiert werden. Davon fließen 23 Mio. Tonnen nach Kosmino und dann weiter auf Tankschiffe. Die restlichen 15,6 Mio. t werden über die Pipeline Skoworodino-Moche in südlicher Richtung in die VR China geleitet.

Um den wachsenden Öltransport abwickeln zu können und Großtankern das Anlegen zu ermöglichen, soll der Erdölhafen Kosmino, an dem die WSTO im Fernen Osten Russlands endet, ausgebaut werden. Die Betreibergesellschaft OOO Spezmornefteport Kosmino plant, das Hafenbecken und die Zufahrten zu vertiefen sowie die Dämme zu verstärken.

Außerdem will Transneft das Ölterminal „Schesharis“ im Seehandelshafen Noworossijsk modernisieren. Allerdings konnten Transneft und die Gruppe Summa, der der Hafen gehört, bislang keine Einigung über die Struktur und das Eigentum an den Aktiva erzielen. Die Rekonstruktion der Anlagen für den Ölumschlag sei aber unbedingt erforderlich, erklärte Transneft-Präsident Tokarev: „Die Objekte hätten schon vor fünf Jahren repariert werden müssen“. Ferner erkundet Transneft Möglichkeiten zum Ausbau der Erdölumschlagskapazitäten des Hafens Machatschkala.

Bei der für die Pipelines benötigten Technik will Transneft in absehbarer Zeit von Importen unabhängig werden. Der staatliche Konzern bestätigte, dass russischen Herstellern wie den Stahlwerken in Wyksa und Tscheljabinsk bei der Herstellung von Rohren für die Erdölindustrie in den letzten 15 Jahren ein großer Qualitätssprung gelungen sei. Russlands Stahlwerke geben inzwischen eine Haltbarkeitsgarantie auf Rohre von 30 Jahren.

Daher kann auch nicht verwundern, dass Ausschreibungen der Transneft und ihrer Tochterfirmen 2013 ausschließlich von russischen Spezialanbietern gewonnen wurden. Dazu gehören das Handelsunternehmen für Stahl- und Kunststoffrohre Edinaja Trubnaja Kompanija (Auftrag über 2,123 Mrd. Rubel) und OMK-Stahl (1,476 Mrd. Rubel).

Im April 2013 schloss Transneft eine Vereinbarung über strategische Partnerschaft mit Siemens. Darüber hinaus hat Transneft Verhandlungen mit dem japanischen Hersteller von Pumpanlagen, Ebara Corporation, aufgenommen. Ziel ist es, mit japanischer Unterstützung eine Produktion moderner Pumptechnik für Rohrleitungssysteme in Russland einzurichten. Dass sich ein solches Lokalisierungsgeschäft für den ausländischen Partner lohnen kann, zeigen folgende Kennziffern: Sämtliche Regionaltöchter von Transneft betreiben in 1.500 Pumpstationen insgesamt 2.500 Industriepumpen.

Russland – Einfuhr von Rohren, Pumpen und Kompressoren aus Deutschland (Mio. US$)

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Quelle: UN Comtrade

 

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