Telegram habe die App „Kluge Abstimmung“ bei den Wahlen zur Staatsduma blockiert, weil sonst der Bote selbst von der Sperrung bedroht wäre, erklärte der Gründer von Telegram Pawel Durow. Ihm zufolge existiert der Messenger „nicht isoliert“, sondern hängt von anderen Unternehmen ab, darunter Apple und Google: Er muss sich an die von ihnen festgelegten Regeln halten, um für Nutzer auf iOS und Android verfügbar zu bleiben.
Wie Durow schreibt, ist Telegram „der erste, der sich den Autoritäten verschiedener Länder widersetzt und mit ihnen kämpft, wenn es nötig ist“, aber das vergangene Wochenende war nicht der richtige Zeitpunkt, „einen Krieg zu beginnen“. Zunächst erklärte er, dass ohne die Unterstützung von Apple und Google jeder Kampf mit der lokalen Regulierungsbehörde „verloren ist, bevor er überhaupt begonnen hat“: Wenn Telegram aus den Geschäften entfernt wird, können die Nutzer keine Updates erhalten und Sperren umgehen. Nachdem die IT-Giganten aus den USA die Nawalny-App aus ihren Shops entfernt hatten, war Telegram gezwungen, der Politik der Shops zu folgen und die App für eine Weile auszusetzen, so Durow.
Als zweiten Grund führte Durow eine Bestimmung des russischen Rechts an, die Wahlkampf an Wahltagen verbietet. Seiner Ansicht nach sei diese Forderung der russischen Justiz „nicht eindeutig verfassungswidrig“. Sollte der Staat etwas verlangen, was „eindeutig gegen die Menschenrechte verstößt“, würde Telegram eine vollständige Blockade vorziehen, als „unsere Werte aufs Spiel zu setzen“, kündigte er an.
„Die Sperrung von Telegram für alle Russen zuzulassen, um einer politischen Partei zwei zusätzliche Tage für den Wahlkampf zu geben, nachdem die Wahl bereits begonnen hat, ist wie das planlose Damenopfer für einen Bauern in einem Schachspiel. Für mich werden die Interessen von Hunderten von Millionen Telegram-Nutzern immer unvergleichlich wichtiger sein als die Interessen irgendeiner politischen Kraft“, so Durow. Er sei persönlich jederzeit bereit, Politiker sowohl der Regierungsparteien als auch der Opposition zu kritisieren, wenn es um unseren Grundsatz geht, die Interessen der Nutzer immer an die erste Stelle zu setzen“, schrieb er.
Telegram blockierte die Wahl-App am 18. September, dem zweiten Wahltag, um die „Tage des Schweigens“ einzuhalten. Um die im April 2021 geänderte Praxis gesetzestreu einzuhalten, dass während der Wahlen kein Wahlkampf stattfindet, hätte die App bereits am 16. September um 15 Uhr Moskauer Zeit gesperrt werden müssen, als der erste Tag der Stimmabgabe in Kamtschatka und Tschuchotka anbrach – um 9 Uhr. Der inhaftierte Oppositionspolitiker Nawalny schrieb nach der Wahl, er sei „furchtbar verärgert und enttäuscht von Pawel Durow“ über das Verhalten von Telegram während der Wahl. Er kritisierte auch das Vorgehen der IT-Giganten.
Am 6. September hatte Roskomnadzor die Website Smart Voting gesperrt, weil sie sie als verlängerten Arm der Anti-Korruptions-Stiftung betrachtet. Auf Ersuchen der russischen Medienaufsicht entfernten Apple und Google die App von Alexei Nawalny aus ihren App-Shops ebenfalls. YouTube sperrte Videos mit Wahlempfehlungen der Opposition für die Dumawahlen.
[hrsg/russland.NEWS]
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