Staatsduma: Anhörung zur Rentenreform dauerte mehr als vier Stunden

Die Staatsduma hat am Dienstag erweiterte parlamentarische Anhörungen zu einem Regierungsentwurf zur Anhebung des Renteneintrittsalters abgehalten. Parlamentarier, Regierungsbeamte und Experten erörterten die Rentenreform für viereinhalb Stunden. Zu dieser Zeit fanden Protestkundgebungen vor den Türen des Parlaments statt.

In den Reden wurde nichts wirklich Neues gesagt – die Redner wiederholten vor allem die Thesen, die sie oder ihre Partei oder Organisation bereits früher geäußert hatten. Das Hauptergebnis der Anhörungen besteht in dem Entschluss, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, um die Reform weiter zu diskutieren, zu der Vertreter der Regierung, der Rechnungskammer, öffentlicher Organisationen und andere gehören werden.

Der Gesetzentwurf der Regierung sieht eine schrittweise Erhöhung des Rentenalters für Männer von 60 bis 65 Jahren bis 2028, für Frauen von 55 bis 63 Jahren bis 2034 vor. Das Dokument wurde von der Staatsduma in erster Lesung am 19. Juli angenommen. Das Datum der zweiten Lesung wurde noch nicht festgelegt, soll aber im Herbst stattfinden.

Während der Anhörungen im Gebäude der Staatsduma gab es draußen eine Protestaktion gegen die Erhöhung des Rentenalters, die von der Kommunistischen Partei Russlands organisiert wurde: Parteiabgeordnete trafen sich mit Wählern. Nach Daten von  Interfax hatten sich ein paar Dutzend Menschen am Parlamentsgebäude versammelt – meist ältere Menschen mit Plakaten und Transparenten gegen die Reform.

Unter russischen Entscheidungsträgern herrscht fast Einigkeit, dass es zu der auch bei Präsident Putin ungeliebten Rentenreform keine wirkliche Alternative gibt. Vertreter öffentlicher Organisationen (einschließlich wichtiger Arbeitgeber) demonstrieren ihre Ablehung der Rentenreform fast in voller Stärke. Gewerkschaftler kämpfen gegen die durch die Reform befürchtete steigende Arbeitslosigkeit und die Arbeitgeber gegen die von der Regierung vorgeschlagene Zwangsbeschäftigung von Arbeitnehmer im Vorruhestandsalter.

Der Rektor der Moskauer Higher School of Economics (HSE), Jaroslaw Kusminow, warnte, dass ohne die Reform „alle Errungenschaften der Putin-Periode zerstört werden“. Die Debatte ist aufgeladen, fast etwas vergiftet. Dafür muss die Regierung Verantwortung übernommen, denn den Beginn der öffentlichen Diskussion über dieses für Russland immens wichtige Jahrhundertprojekt mit dem Beginn der WM-2018 zu verknüpfen, war mehr als dämlich – wie das untergemogelte „faule Ei“ eines „hässlichen Entleins“ steht die Rentenreform im Raum. Kein Wunder, dass dem Levada Zentrum zufolge 89 Prozent der Russen die Reform nicht unterstützen.

Die Art und Weise, wie Akteure aus Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften auf die Rentenreform reagieren, verspricht nichts Gutes für den Arbeitsmarkt und die Akzeptanz bei der russischen Bevölkerung.

[hub/russland.NEWS]

 

 

 

 

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