Soziologie: Russen zwischen Depressionen und Zuversicht© russland.news

Soziologie: Russen zwischen Depressionen und Zuversicht

Fast 10 Prozent der Gesamtbevölkerung Russlands, etwa 15 Millionen Menschen, befinden sich in einem Zustand tiefer Depression. Dies geht aus der Studie der Agentur für strategische Initiativen hervor. Zu den Hauptgründen gehören langwierige Krankheiten, der Tod eines geliebten Menschen, Einsamkeit und ein großer Kredit. Darüber hinaus ist eine der Ursachen für schwere Depressionen häusliche Gewalt. Die Studie ergab, dass jährlich bis zu 700.000 russische Bürger damit konfrontiert sein können.

Laut einer Umfrage, die im September 2023 vom Institut für Psychologie der Russischen Akademie der Wissenschaften (IP RAS) in Zusammenarbeit mit dem Gesamtrussischen Zentrum für Meinungsforschung WZIOM durchgeführt wurde, sind junge Menschen im Alter von 18 bis 24 Jahren, Frauen, Personen mit niedrigem Einkommen, Hochschulabsolventen und Arbeitnehmer im Privatsektor besonders für Angst- und Depressionszustände anfällig. Gleichzeitig ist das klinische Niveau der Depressionssymptomatik nach Selbstauskünften der Befragten bei 32 Prozent und das der Angst bei 18 Prozent der Befragten zu beobachten.

Timofei Nestik, Doktor der Psychologie, Leiter des Labors für Sozial- und Wirtschaftspsychologie am IP RAS erörterte den psychologischen Zustand der russischen Gesellschaft unter den Bedingungen der „militärische Spezialoperation“. Er stellte fest, dass Russen bei dem Beginn des Konflikts bereits ein hohes Maß „an Angst und depressiven Symptomen, mit bereits aktivierten Mechanismen zur Bewältigung und Mobilisierung persönlicher Ressourcen sowie mit einer ganzen Reihe von Abwehrmechanismen, die ausgelöst werden, wenn die Menschen eine schwer zu kontrollierende Bedrohung erleben,“ hatten. Die Gesellschaft gewöhne sich daran, dass die „militärische Spezialoperation“ ein natürliches Phänomen sei, wie Schnee oder Hitze. Für die Machtinhaber sei dies „eine wertvolle Erkenntnis“: Das bedeutet, dass man mit dem Krieg fortfahren kann. Allerdings sollten die Menschen freiwillig und nicht unter Zwang dorthin gehen – „wie zu einem Job mit einem guten Gehalt“, so Nestik. „Die Intensität der Empathie hat im letzten Jahr abgenommen, und der stärkste Prädiktor für eine zunehmende Ermüdung mit der militärische Spezialoperation war die Vermeidung des Nachdenkens darüber.“

Laut einer im November letzten Jahres durchgeführten WZIOM-Umfrage über das Bedürfnis der Russen nach psychologischer Hilfe bewältigen die meisten Russen stressige Situationen selbst.  87 Prozent haben noch nie professionelle psychologische Hilfe in Anspruch genommen. Gleichzeitig haben 12 Prozent der Befragten Erfahrungen mit der Kommunikation mit einem Spezialisten gemacht. Die Analysten vom WZIOM stellten fest, dass die Nachfrage der Russen nach dieser Art von Dienstleistungen steigt. Innerhalb von 13 Jahren hat sich der Anteil der Personen, die Psychologen konsultiert haben, verdoppelt – von 6 Prozent im Jahr 2009 auf 12 Prozent im Jahr 2022. 15 Prozent der Russen gaben außerdem an, dass sie immer häufiger psychologische Unterstützung benötigen. Diese Zahl ist bei jungen Menschen am höchsten – 35 Prozent der Befragten im Alter von 18 bis 24 Jahren haben das Bedürfnis, ein Gespräch von Herz zu Herz zu führen.

Die Teilnehmer der vom WZIOM im Mai dieses Jahres in Moskau organisierten Konferenz analysierten den psychologischen Zustand der Russen. Obwohl ihre psychische Gesundheit vor neuen Herausforderungen steht, haben psychologische Verteidigungsmechanismen einen Effekt des „Sich-um-die-Fahne-Bindens“ ausgelöst und sogar einen Anstieg des sozialen Optimismus verursacht, der eine Chance hat, nachhaltig zu werden, wenn die Behörden es vermeiden, das Vertrauen in die sozialen Institutionen zu untergraben, so die Soziologen.

Nach Messungen von IP RAS und WZIOM waren im Februar 2022 nur 54 Prozent der Befragten zuversichtlich, dass die Russen in der Lage sein werden, das Leben im Lande zum Besseren zu verändern, im November 2022 waren es bereits 61 Prozent.

[hrsg/russland.NEWS]

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