SONDERWIRTSCHAFTSZONEN LOCKEN INVESTOREN NACH LIPEZK

Von Ullrich Umann Lipezk (gtai) – Die russische Region Lipezk zieht Investoren an. Es wird eine aktive Politik zur Industrieansiedlung betrieben. Zugpferd ist die föderale Sonderwirtschaftszone Lipezk (SWZ), in der sich bereits drei Unternehmen aus Deutschland niedergelassen haben. Lifan aus der VR China will ab 2017 ein Pkw-Werk bauen. Zudem gibt es Cluster und regionale SWZ, in denen auch deutsche Firmen aktiv sind.

Im Jahr 2015 sind Direktinvestitionen in Höhe von schätzungsweise 1 Mrd. $ in die Region Lipezk geflossen. Davon geht Gouverneur Oleg Koroljew aus. Damit läge die Lipezker Region russlandweit auf dem dritten Platz – nach Moskau und dem Moskauer Gebiet. Im Jahr 2014 wurden nach Aussagen Koroljews insgesamt 843 Mio. $ in der Region investiert.

Sonderwirtschaftszone Lipezk siedelt erfolgreich ausländische Investoren an

Für die aktive Ansiedlungspolitik werden die Möglichkeiten der föderalen und der regionalen Gesetzgebung genutzt. Zugpferd für Investoren ist die Sonderwirtschaftszone (SWZ) Lipezk, die von der öffentlichen Betreibergesellschaft für alle föderalen Sonderwirtschaftszonen, OEZ, verwaltet wird. Branchenschwerpunkte sind die Herstellung von Energieanlagen, Maschinen und Ausrüstungen, Fahrzeugteilen, Elektrohausgeräten, Medizintechnik, Baumaterial, Metallerzeugnissen, Kunststoffbeimischungen und Nanomaterialien.

In der SWZ Lipezk haben sich bereits 23 Unternehmen niedergelassen. Diese befinden sich aktuell in unterschiedlichen Etappen der Projektrealisierung. Aus Deutschland sind bereits die Unternehmen Lanxess, OBO Bettmann und Viessmann vor Ort. Andere deutsche Hersteller arbeiten in der SWZ mit russischen Unternehmen zusammen, so die Max Weishaupt GmbH mit dem Energieanlagenbauer Razional.

Deutsche und russische Firmen umschiffen Importsubstitutionsvorschriften

Die Max Weishaupt GmbH beliefert ihren Generalimporteur und exklusiven Vertriebspartner, das russische Unternehmen Razional, mit Know-how und Bauteilen. Razional verkauft inzwischen aber nicht nur fertige Weishaupt-Produkte, sondern verwendet diese auch zum Einbau in Energieanlagen und Heizungssystemen unter eigenem Markennamen. Montiert werden die modular aufgebauten Anlagen seit 2012 im Razional- Werk in der SWZ. Der Vorteil für Weishaupt in Zeiten der russischen Bestrebungen zur Importsubstitution liegt auf der Hand. Da es sich bei Razional um ein rein inländisches Unternehmen handelt, gelten die in Lipezk montierten Anlagen auch als inländisches Produkt. Damit sind sie für Beschaffungsmaßnahmen der öffentlichen Hand zugelassen. Und das, obwohl der lokale Anteil am Endprodukt nach Auskunft der Firmenleitung lediglich 18% beträgt.

Lifan baut ab 2017 Pkw-Werk

Der chinesische Automobilhersteller Lifan will in der SWZ Lipezk ein neues Werk errichten. Einer Absichtserklärung zufolge soll der Spatenstich 2017 erfolgen. Bis dahin wird das Territorium der SWZ erweitert und die dazu gehörige Infrastruktur ausgebaut. Das Automobilwerk wäre von großer Bedeutung für die Zulieferindustrie in der Region. Ein Reifenhersteller, Yokohama, hat sich bereits in der SWZ niedergelassen. Lanxess stellt in der SWZ Polymer-Mischungen für Pneus her und die belgische Bekaert liefert aus ihrem Werk in der SWZ Drahtgeflechte als Ausgangsmaterial für die Reifenkarkasse.

Deutsche Investoren gehen bewusst in regionale Sonderwirtschaftszonen

Darüber hinaus gibt es regionale Sonderwirtschaftszonen (SWZ), in denen Unternehmen von Nachlässen beim regionalen Steueranteil profitieren können. Das ist ein Unterschied zu föderalen SWZ, wo Ermäßigungen auch für den föderalen Steueranteil garantiert werden. Bei regionalen SWZ liegt es im Ermessen der föderalen Ministerien für Wirtschaftsentwicklung und Finanzen, ob der föderale Steuersatz in einer regionalen SWZ herabgesetzt wird. Es haben sich bereits mehrere ausländische Firmen in den regionalen SWZ niedergelassen. Die Gründe sind unterschiedlich, sei es aus Nähe zu wichtigen Kunden, sei es für eine engere Vernetzung mit Dienstleistern und Zulieferern. In der regionalen SWZ „Tschaplyginskaja“ sind beispielsweise die beiden deutschen Firmen Ropa Fahrzeug- und Maschinenbau GmbH (Agrartechnik zur Zuckerrübenernte) und Horsch Maschinen GmbH (Agrartechnik für den Ackerbau) sowie die Hawle Armaturenwerke GmbH aus Österreich (Wassertechnik) anzutreffen.

Die deutsche Horsch Maschinen GmbH will ihre Produktion in Russland für 500 Mio. Rubel erweitern. Im April 2016 beginnt der Bau einer neuen Werkshalle in der Sonderwirtschaftszone „Tschaplyginskaja“ im Gebiet Lipezk (Projektierung: Grashdanprojekt Lipezk). Seit 2010 hat die OOO Horsch Rus im Gebiet Lipezk etwa 15 Mio. Euro investiert, sagt Generaldirektor Petr Bykov. Horsch stellt Scheibeneggen, Grubber und Sämaschinen für den Ackerbau her. Auch die ROPA Fahrzeug- und Maschinenbau GmbH plant ihre Produktion im Gebiet Lipezk bis 2017 auszubauen.

Unter den Residenten in regionalen SWZ befinden sich inzwischen sogar ausländische Großinvestoren, wie das chinesische Unternehmen Angel Yeast. Dieses baut in der SWZ Dankow in Kürze ein Werk für Hefe im Projektwert von 75 Mio. US$. Als Kapazitäten hat der Investor mit 20.000 Tonnen Brothefe und 30.000 Tonnen organischem Dünger pro Jahr projektiert. Zuständig für die regionalen SWZ und die Cluster ist die Abteilung für Innovations- und Industriepolitik in der Regionalverwaltung Lipezk. Dem Abteilungsleiter Alexej Schedrow zufolge liegen derzeit 46 Anträge von potenziellen Investoren vor, die sich in einer der regionalen SWZ niederlassen wollen.

Regionale Branchen-Cluster der Industrie

Neben den Sonderwirtschaftszonen gibt es als weitere Förderinstrumente die Branchen-Cluster – in Lipezk mit den Schwerpunkten Maschinenbau, Elektrohausgeräte und Elektrotechnik sowie Bio- und Nanokomponenten. Das Maschinenbaucluster kann bislang die größten Erfolge vorweisen. Mehr hierzu im GTAI-Bericht „Russische Region Lipezk belebt ihre Maschinenbautradition“.

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