Schröder vs. BILD:  Nawalny-Interview schlägt hohe Wellen

Schröder vs. BILD: Nawalny-Interview schlägt hohe Wellen

Der ehemalige deutsche Bundeskanzler und inzwischen Rosneft-Vorsitzende Gerhard Schröder wird die deutsche Zeitung Bild verklagen, die kürzlich ein Interview mit dem Oppositionsführer Alexei Nawalny veröffentlicht hat. Seinen Angaben zufolge enthielten die Materialien falsche Informationen, und die BILD habe ihn nicht um Kommentare angefragt.

Nawalny nannte den Ex-Kanzler „Putins Laufbursche“ und sprach von „versteckten Zahlungen“, für die er aber „keine Bestätigungen“ habe. Schröder antwortete per LinkedIn: „Ich habe Verständnis für die schwierige persönliche Situation, in der sich Herr Nawalny befindet. Seine Interview-Aussagen in der BILD-Zeitung und bei bild.de über angebliche „verdeckte Zahlungen“ sind jedoch falsch. Er selbst sagt, dass er für seine Unterstellungen keine Belege habe. Gleichwohl haben BILD-Zeitung und bild.de diese Aussagen, ohne mich um eine Stellungnahme zu bitten, verbreitet.“

Daher sehe sich Schröder „gezwungen, gegen den Verlag, der meine #Persönlichkeitsrechte auf das Schwerste verletzt hat, juristisch vorzugehen. Entsprechendes wird geschehen gegenüber anderen Medien, falls diese die falschen Behauptungen, die BILD-Zeitung und bild.de verbreitet haben, übernehmen und weiterverbreiten.“

Der Ex-Bundeskanzler betonte, dass „der Giftanschlag auf Nawalny muss seitens der russischen Behörden transparent aufgeklärt werden“. Dies habe er bereits „in seinem letzten Podcast deutlich gemacht“.

Der deutsche Außenminister Heiko Maas hatte zuvor Russland im Fall Nawalny mit Sanktionen gedroht. Ohne Aufklärung durch Russland seien „zielgerichtete und verhältnismäßige Sanktionen gegen Verantwortliche unvermeidlich”, sagte Maas am Mittwoch im Bundestag.

Nach seiner Genesung gab Nawalny zuerst dem Wochenmagazin Spiegel ein  Interview mit spektakulären Aussagen und Behauptungen. Vor dem Gespräch mit der BILD-Zeitung hatten Nawalny und seine Frau Julia über zwei Stunden mit Juri Dud, dem bekanntesten YouTuber Russlands, gesprochen:

„Nawalnys – das Interview nach der Vergiftung“

Der bekannteste russische Youtuber und Journalist Juri Dud hat ein großes Interview mit Alexei Nawalny und seiner Frau Julia gemacht. Im Interview spricht der russische Oppositionelle vor allem ausführlich über seine Vergiftung, beschreibt präzise den Tagesablauf und seine Empfindungen während des Fluges von Tomsk. „Ich hatte ein ganz starkes Gefühl, ich sterbe gleich“, so Nawalny wörtlich. „Ich kam aus der Toilette, sah den Flugbegleiter und sagte, ich bin vergiftet worden und sterbe gleich“.

Auf die Frage, warum Julia die Entscheidung getroffen hat, ihren Mann aus dem Omsker Krankenhaus zu nehmen, sagte sie: „Weil man mir dort nicht die Wahrheit gesagt hätte“. Warum hat man ihr erlaubt, ihn nach Deutschland zu fliegen? Sie denke, dass „man“ verstanden hat, es sei einfacher ihn fliegen zu lassen, als „eine Live Show über sein Sterben zu riskieren“. Wie Nowitschok in seinen Körper gelang, könne Nawalny nicht sagen. Er äußerte die Vermutung, dass man ihn solange in Omsk gehalten habe, um abzuwarten, bis die Spuren des chemischen Kampstoffes verschwunden sind. „Aber sie haben sich verrechnet“.

„Natürlich hat man das auf Befehl aus Kreml gemacht“, davon ist Nawalny immer noch überzeugt. „Meine Version ist, dass das entweder Leute vom FSB oder SWR ohne Zweifel auf Anordnung von Putin gemacht haben“. Seine Überzeugung basiert auf „einer Summe von Faktoren“. Doch Juri Dud zweifelt an seiner Aussage. Ob Alexei nicht ein wenig unter Größenwahn leidet? Putin soll solche Befehle persönlich aussprechen, um ihn zu eliminieren? Eine ziemlich fragliche Behauptung. Doch Nawalny bleibt bei seiner Aussage. Hunderte von Beamten können seinen Tod kaum abwarten, doch genau der chemische Kampfstoff Nowitschok weist darauf hin, dass der Befehl von ganz oben gekommen sein soll.

„Glaubst Du wirklich, dass Putin einfach so einen Befehl gab?“ fragt der Journalist erneut.

„Ich glaube nicht, ich sehe keine andere Erklärung“, so Nawalny. Man solle den Einfluss von seiner Anti-Korruptions-Stiftung (FBK) nicht unterschätzen. Nawalny warf dem russischen Präsidenten vor, „von der Idee mysteriöser Vergiftungen“ besessen zu sein.

Dud sprach mit dem Oppositions-Aktivisten über seine politischen Fehler, warum seine Tochter in den USA studiert und über seine finanzielle Situation.

Auf die Frage über seine Pläne sagte Nawalny, er will auf jeden Fall nach Russland zurückkehren, sobald er wieder „okay ist“. Seine Frau denkt ebenfalls nicht darüber nach, in Deutschland zu bleiben. „Ich habe keine Angst nach Russland zurückzukehren. Wir werden zurückkehren“, so Julia.

Juri Dud hat YouTube in Russland auf ein vollkommen neues Niveau gehoben – das Niveau des kritischen und investigativen Journalismus. Den Kanal wDud hatte der im Moment bekannteste russische Journalist und Video-Blogger vor fünf Jahren gegründet. Dud interviewt bekannte Musiker, Journalisten, Geschäftsleute, Rapper und Politiker. Seine Interviews und Reportagen erreichen zwischen sechs und siebzehn Millionen Aufrufe. Inzwischen hat sein Kanal mehr acht Millionen Abonnenten. Bis heute haben über elf Millionen Menschen sein Interview mit den Eheleuten Nawalny gesehen.

[hrsg/russland.NEWS]

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