[Von Ullrich Umann Moskau-gtai] – In Russland sollen der Abbau und die Verarbeitung von Metallen der Seltenen Erden stärker als bisher gefördert werden. Darauf wies der Minister für Industrie und Handel, Denis Manturow, in einem Zeitungsinterview hin. Ein staatliches Sektorprogramm läuft bereits seit 2013. Angesichts der aktuellen Knappheitsverhältnisse auf dem Weltmarkt misst die Politik diesem Programm nun eine stärkere Bedeutung bei.
Bis 2020 soll mit staatlicher Unterstützung eine wettbewerbsfähige Industrie zum Abbau und zur Verarbeitung Seltener Erden entstehen. Dafür werden nun mehr finanzielle Mittel bereit gestellt werden, als ursprünglich geplant. Ohne diese Aufstockung laufen ganze Industriezweige Gefahr, in ihrer Entwicklung aufgrund knapper Rohstoffe behindert zu werden. Insbesondere die Luft- und Raumfahrt, aber auch die Nuklearenergie benötigen Metalle der Seltenen Erden mehr denn je.
Importe sollen substituiert werden
Die Abhängigkeit von Importen von Seltenen Erden solle auf ein Mindestmaß reduziert werden, sagte der russische Minister für Industrie und Handel, Denis Manturow, am 8. April 2014 in einem Interview mit der Wirtschaftszeitung Kommersant. Der Bereich soll sogar soweit ausgebaut werden, dass Russland – neben Wolfram – auch Metalle der Seltenen Erden ab 2020 exportieren kann. An Förderinstrumenten stehen die Finanzierung von Forschung und Entwicklung im Bereich Veredelung und Verarbeitung, Zinssubventionen und Steuererleichterungen zur Verfügung, wie Manturow unterstrich.
Russland – ausgewählte Vorkommen an Metallen der Seltenen Erden
Quelle: Ministerium für natürliche Ressourcen und Umwelt, Moskau, 2013
Die Forschungsmittel sollen über die Veredelungsstufe hinaus auch bei den Anwenderfirmen von Seltenen Erden ankommen. Dazu gehören unter anderem die Herstellung von Hybridmotoren, Rechentechnik, Mobiltelefonen und Plasmabildschirmen. Seltene Erden werden zudem zum Schmelzen superharter Stahlsorten benötigt und in der optischen Industrie, in der Nano- und Halbleitertechnik sowie bei der Herstellung von Magneten und Akkumulatoren.
Ohne frische Investitionsmittel droht der Anteil Russlands an der Weltförderung und Verarbeitung Seltener Erden von derzeit etwa 2,0% auf unter 1,5% zu sinken. Diese Tendenz muss laut Manturow aufgehalten und umgekehrt werden. Zumal das Land nach der VR China über die weltweit zweitgrößten Vorkommen an Seltenen Erden verfügt. Bei der Hebung dieser Bodenschätze ist das Land aber eines der Schlusslichter – Potenzial und Nutzung klaffen weit auseinander. Derzeit importiert Russland jedes Jahr zwischen 10.000 und 15.000 t Seltene Erden.
Joint Venture zur Förderung und Verarbeitung gegründet
Um das zu ändern, hat das Ministerium 2013 grünes Licht zur Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens gegeben. Das Unternehmen besteht aus der Staatsholding Rostec und der privaten IST-Group. Die IST-Group investiert in große Industrievorhaben und hält unter anderem Aktiva im russischen Gold- und Kohlebergbau. Das neu geschaffene Joint Venture stockt gegenwärtig seine Verarbeitungskapazitäten für Monazit-Konzentrat am Standort Krasnoufimsk (Gebiet Swerdlowsk) auf.
Künftig wird das Gemeinschaftsunternehmen bei Ausschreibungen Förderkonzessionen für Seltene Erden in anderen Regionen ersteigern und in die Verarbeitung investieren. Die Stadt Tomtor (Republik Sacha – Jakutien) könnte beispielsweise zu einem künftigen Standort für die Erzeugung von Scandium werden.
In Tomtor liegen unter der Erde außerdem Lanthan, Cer, Neodym, Yttrium und Nioboxid. Experten weisen allerdings auf vielfältige klimatische und technische Probleme hin, die es in Tomtor noch zu lösen gebe, bevor eine Förderung wirtschaftlich würde. Nicht zu unterschätzen sind auch die Ausgaben zur Rekultivierung der Fördergebiete, wenn die Vorräte eines Tages erschöpft sein werden.
Bis 2020 soll das Joint Venture aus Rostec und IST Projekte im Gesamtwert von etwa 1 Mrd. US$ stemmen, so Manturow. Wenn alles nach Plan läuft, könnte Rostec die Nachfrage nach Metallen der Seltenen Erden für die eigenen Holdingunternehmen ab 2017/18 bis zu 90% befriedigen.
Kooperation mit Kasachstan bei Scandium
Geplant ist auch eine engere Kooperation mit Kasachstan. So haben die drei Unternehmen Kazatomprom, Uranium One Holding N.V. (verwaltet Uran-Aktiva von Rosatom außerhalb Russlands) und OOO Intermiks Met gemeinsam ein Vorhaben zur Förderung von Scandiumkonzentrat in Kasachstan angeschoben. Das Konzentrat soll ab 2016 zur Aufbereitung nach Lermontow (Gebiet Stawropol/Russland) in das Hydrometallurgische Werk (GMZ) gebracht werden.
Das Werk GMZ wird von der Intermiks Met kontrolliert. Der geplante Ausstoß liegt bei 6 jato Scandiumoxyd. Weltweit werden gegenwärtig jährlich zwischen 15 und 20 t Scandiumoxyd gehandelt. Russland könnte davon ab 2016 etwa 30 bis 40% abdecken.
Intermiks Met realisiert bereits ein Vorhaben zur Herstellung von Scandium mit der Uran-Holding von Rosatom, Atomredmetzoloto (ARMZ). Das Metall fällt im Kreis Dalmatowo im Gebiet Kurgan unweit der russisch-kasachischen Grenze beim Uranabbau an.
Wolfram wird bereits exportiert
Mit der Produktion von Wolfram befassen sich zurzeit fünf Bergbaubetriebe in Russland. Diese können die Inlandsnachfrage komplett abdecken und bereits heute den Weltmarkt beliefern. Zwischen 4.000 und 5.000 t Wolframkonzentrat werden jährlich gefördert. Das Konzentrat wird in zwei Aufbereitungsbetrieben verarbeitet. Mit der Einführung einer zehnprozentigen Ausfuhrabgabe im Jahr 2012 konnte der Export von unverarbeitetem Wolframkonzentrat eingedämmt und die Kapazitätsauslastung in den beiden Aufbereitungswerken erhöht werden. Die Werke haben aber immer noch freie Betriebskapazitäten.
COMMENTS