[von Dima Bogomolow] – Heutzutage gibt es leider viel zu viele Möglichkeiten, wie man Daten klauen kann, ohne dass es gleich bemerkt wird. Im Vergleich zu Deutschland, wo man immer noch einen Pin-Code braucht, um eine Sim-Karte zu entsperren, hat man in Russland auf dieses System schon vor ein paar Jahren verzichtet. Vielmehr ist es üblich, Mobilfunk oder mobiles Internet ohne irgendwelche Passwörter oder Logins zu benutzen, da es in der Tat viel Zeit spart. Allerdings ist dann ein solches Gerät nicht wirklich vor Datendiebstahl geschützt.
SIM-Karten ohne Besitzer
Viele Mitarbeiter von russischen Mobilfunkgesellschaften, die für den Verkauf von Sim-Karten zuständig sind, fordern von Kunden, ihre Karte vor der Nutzung registrieren zu lassen. Dafür braucht man seinen Ausweis. Aber nicht jeder Russe trägt seine Papiere immer mit sich. In diesem Fall bieten die Verkäufer an, die Karte entweder auf irgendeinen anderen Namen zu registrieren oder einfach einem Herrn M. zu glauben, dass Herr M. wirklich Herr M. ist. Das ist natürlich illegal, aber beide Seiten nehmen in dem Moment des Verkaufs keine Rücksicht auf die möglichen Konsequenzen. Einer hat seine Prozente für den Verkauf bekommen, der Andere ohne weitere Unbequemlichkeiten seine Karte. Eigentlich wäre alles in Ordnung, gäbe es nicht Subjekte, die diese Verkaufspraxis ausnutzen können.
„Ihre Nummer gehört Ihnen nicht“
Im Jahre 2010 hatte der Moskauer Jurist Tschermen Dsotow eine solche Sim-Karte gekauft. Während des Kaufs hat der Verkäufer ihm gesagt, eine Registrierung sei nicht notwendig. Sieben Jahre lang hatte Herr Dsotow keine Probleme mit seiner Karte. Vor kurzem erhielt er eine Nachricht, dass er angeblich eine Ersatzkarte angefordert habe. Innerhalb von zwei Minuten war seine Karte plötzlich deaktiviert. Das heißt, er hat den Zugang zu allen Sozialnetzwerken, Bankkonten und anderen wichtigen Dateien verloren. “Die Nummer gehört Ihnen nicht“ – bekam Herr Dsotov von einem Vertreter seines Mobilfunksanbieters zu hören – „und es gibt keine Möglichkeit, sie legal wieder zurück zu bekommen.“ Nun versucht Herr Dsotow nicht nur den Moderatoren von Sozialnetzwerken sondern auch den Vertretern von seiner Bank nachzuweisen, dass seine Accounts tatsächlich ihm gehören.
‚Schrödingers SIM-Karte’
Der Kunde, der eine Karte ohne Registrierung kauft, bringt seine Daten in Gefahr, weil solche Karten von Viren befallen sein können, die in der Lage sind, alle Informationen zu löschen oder nach und nach Geld zu entwenden, ohne dass das bemerkt wird. Falls die Nummer lange nicht benutzt wurde, kann sie der Mobilfunkbetreiber wieder weiter verkaufen. Es gibt aber eine Option, die es erlaubt, ihre Nummer trotzdem zu behalten. Doch das ist natürlich gebührenpflichtig.
Im März dieses Jahres wurde eine Frau F. wegen Datendiebstahl festgenommen. Sie hatte eine Kleinanzeige aufgegeben, dass sie gebrauchte Sim-Karten ankauft. Nach dem Kauf prüfte sie durch Mobil Banking, ob die Karte noch mit dem Bankkonto verknüpft ist. Dann hat sie das Geld auf ein anderes Konto überwiesen. Insgesamt ist es ihr gelungen 9,5 Mio Rubel (etwa 155 Tausend Euro) zu stehlen.
Falsche Sicherheit
Jetzt machen sich die Russen aber keinen Sorgen darum, dass mit dem Verlust ihres Handys ihre Daten geklaut werden könnten. Sie sind fest davon überzeugt, dass all ihre Fotos und Privatdaten auf dem Handy durch ein Passwort geschützt sind. Jedoch ist ein Handy-Passwort kein hundertprozentiger Schutz. In Wirklichkeit brauchen Datenräuber nicht einmal ihr Handy. Sie ziehen die Karte einfach heraus und stecken sie in ein anderes Gerät. Fertig. Jetzt haben Andere uneingeschränkte Kontrolle über ihre Karte.
Aber auch der sorgfältigste und vorsichtigste Nutzer kann sich nicht hundertprozentig schützen. Ein weiteres Problem besteht darin, dass moderne Mobilfunkbetreiber ihre Geschäfte in vielen, im ganzen Land verstreut liegenden Filialen abwickeln und es daher oft viel Zeit braucht, die Details eines Problems herauszufinden. Genug Zeit für Kriminelle, die Nummer zu aktivieren und die Daten zu klauen.
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