Russische Verbraucherschützer klagen gegen „Okkupation der Krim“

Mit der Rechtmäßigkeit des Anschlusses der Krim an Russland muss sich jetzt das Verfassungsgericht der Russischen Föderation befassen. Die russische Verbraucherschutzorganisation OZPP hat darauf geklagt, den Anschluss der Krim an Russland für verfassungswidrig zu erklären.

Ausgangspunkt war, dass das Justizministerium der Russischen Föderation bereits im November vergangenen Jahres die Registrierung des „Vereins zur Förderung der russisch-ukrainischen Freundschaft“ als internationale Organisation ablehnte. Die OZPP hatte den Antrag auf den internationalen Status damit begründet, dass die Organisation über ein Büro auf der Krim verfügt, die nach internationalem Recht zu einem anderen Staat, der Ukraine, gehöre.

Die Behörde gab dem Antrag nicht statt und verwies darauf, dass die Halbinsel gemäß dem Gesetz „Über die Aufnahme der Republik Krim in die Russische Föderation“ vom 21. März 2014 Teil des russischen Staatsgebietes sei. Das bestreiten die Verbraucherschützer mit dem Hinweis darauf, dass auch nach der Verfassung der Russischen Föderation völkerrechtliche Verträge, wie der über die russisch-ukrainische Grenze aus dem Jahr 1997 oder die Schlussakte von Helsinki zur Unverletzlichkeit der Grenzen und territorialen Integrität, über nationalen Gesetzen stehen.

Wie OZPP-Chef Michail Anschakow erläuterte, wurde mit dem Anschluss der Krim eine „gefährliche Rechtssituation“ geschaffen. „Das war nicht gesetzeskonform“, machte der gelernte Anwalt deutlich, „damit verletzen wir unsere Verfassung. Wenn ein nationales Gesetz internationalen Verträgen Russlands widerspricht, dann gilt Völkerrecht. Wir haben uns hier selbst in eine Sackgasse manövriert.“ Als Konsequenz aus dieser Auffassung hatte die OZPP russischen Krim-Touristen auf ihrer Seite in einer „Denkschrift“ nahegelegt, vor dem Überschreiten der Grenze die Genehmigung des ukrainischen Grenzschutzes einzuholen. Diese Empfehlung bezeichnete Präsidentensprecher Dmitrij Peskow als „absurd“, da die Krim zu Russland gehöre. Aber Anschakow bleibt dabei: „Eigentlich hätten das Außenministerium und die Tourismusbehörde auf mögliche Probleme hinweisen müssen, aber sie haben es nicht getan. Nun müssen wir das tun.“ Über fünf Millionen Touristen wollen, nach seiner Einschätzung, die russischen Reiseveranstalter in diesem Jahr auf die Krim schicken – mehr als in das bisherige Lieblingsland der Russen, die Türkei. Ihnen warf Anschakow vor, nur ihre finanziellen Interessen zu sehen.

In der „Denkschrift“ wird die Krim als „okkupiertes Gebiet“ bezeichnet, was Anschakow aber als juristische Kategorie und nicht als politische Bewertung verstanden wissen wollte. Denn außer Frage steht, dass nahezu die gesamte russische Bevölkerung wie auch die große Mehrheit der Krimbewohner die Rückkehr nach Russland begrüßen. Dennoch müsse der Anschluss der Krim im Ergebnis einer völkerrechtlich nicht sanktionierten Abspaltung der Halbinsel von der Ukraine als „Okkupation“ bezeichnet werden. Das ging Präsident Wladimir Putin dann doch zu weit. Er bezeichnete die Position der OZPP als „Beispiel für die Bedienung der Interessen ausländischer Staaten durch russische NGOs“. Wenig später wurde kurzzeitig die Seite der Organisation abgeschaltet, bis heute kann die „Denkschrift“ nicht mehr aufgerufen werden. Auch Polizei und Staatsanwaltschaft nahmen Ermittlungen gegen die OZPP auf. Dennoch wird sich, nach der Abweisung der Klage der Verbraucherschützer gegen die Entscheidung des Justizministeriums zum internationalen Status des Vereins zur Förderung der russisch-ukrainischen Freundschaft durch ein Moskauer Bezirksgericht, nun das Verfassungsgericht mit der Rechtmäßigkeit der Eingliederung der Krim in die Russische Föderation beschäftigen müssen.

Allerdings hat Anschakow wenig Illusionen über den Ausgang: „ Das Gericht ist eine abhängige Institution, deren Entscheidungen politisch motiviert sind.“

Wenn das Oberste Gericht tatsächlich im Sinne der Staatsführung urteilt, wird diese das vermutlich als Bestätigung ihrer Krim-Politik sehen und auch darauf verweisen, dass Gegner dieses Kurses rechtsstaatliche Möglichkeiten nutzen konnten, dagegen vorzugehen.

Wenn aber das Verfassungsgericht der Klage stattgeben sollte und den Status der Krim zum Gegenstand juristischer Klärung macht, dann liegt auch der Gedanke nicht allzu fern, dass die gesamte Aktion zielgerichtet entwickelt wurde, um die Frage des Status der Krim, die momentan international, wirtschaftlich und politisch, isoliert ist, in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht zu lösen. Das Verfassungsgericht hat nun drei Monate Zeit, Antworten zu finden.

Hartmut Hübner/russland.RU

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