Russische Emigranten: Zuversicht trotz wirtschaftlicher Einbußen© russland.news

Russische Emigranten: Zuversicht trotz wirtschaftlicher Einbußen

Nach verschiedenen Schätzungen haben seit Beginn des Krieges in der Ukraine bis zu einer Million Menschen Russland verlassen. Das Forschungsprojekt OutRush hat mehr als 10.000 Emigranten aus Russland in 100 Ländern zu ihrer wirtschaftlichen und psychologischen Situation befragt. Die Ergebnisse wurden von der Petersburger Online-Zeitung Bumaga veröffentlicht. Die Haupterkenntnis der Soziologen ist, dass russische Emigranten im Ausland weniger verdienen als in Russland, über Diskriminierung klagen, aber dennoch auf eine bessere Zukunft für sich und Russland hoffen.

Die Autoren des OutRush-Projekts fanden heraus, dass für die meisten Emigranten die Auswanderung mit einem starken Einkommensrückgang einherging. Die Lohneinbußen waren vor allem mit dem Verlust des Arbeitsplatzes verbunden, denn 43 Prozent der Befragten arbeiteten vor ihrer Auswanderung in russischen Unternehmen.

Die Auslandsrussen sind politisch weniger aktiv. Die Unterstützung russischer NGOs sank von 47 Prozent auf 30 Prozent, die Teilnahme an friedlichen Demonstrationen von 37 Prozent auf 27 Prozent. Außerdem unterschreiben weniger Auslandsrussen Petitionen und veröffentlichen Antikriegsbeiträge in sozialen Netzwerken (von 84 Prozent auf 38 Prozent). Als Gründe für den Rückgang des Aktivismus werden die Integration in ein neues kulturelles Umfeld sowie „Angst vor Repressionen und um die Sicherheit der Familie in Russland“ genannt. Fürchteten im März 2022 noch 59 Prozent der Emigranten Repressionen, so sind es jetzt 78 Prozent.

 Gleichzeitig hat sich der psychologische Zustand russischer Auswanderer in anderthalb Jahren verbessert: Im März 2022 glaubten nur 23 Prozent, dass sich ihr Leben im nächsten Jahr verbessern würde, jetzt sind es 76 Prozent. Ebenfalls ist die Einstellung zur Zukunft Russlands optimistischer geworden: Der Anteil derjenigen, die positive Veränderungen für möglich halten, ist von neun Prozent im März 2022 auf 14 Prozent im Sommer 2023 gestiegen.

Die Mehrheit der Befragten ist bereits recht gut in ihr Aufenthaltsland integriert. Der Anteil der Russen, die eine starke emotionale Bindung zu ihrem Aufenthaltsland haben, ist von 27 Prozent auf 32 Prozent gestiegen, und 66 Prozent der Befragten zeigen Interesse an der politischen Situation in dem Land, in das sie gezogen sind. Die Hälfte der Befragten lernt die Sprache oder spricht sie bereits. 53 Prozent betrachten sich als Teil der Gemeinschaft ihrer Landsleute im Ausland. Auch das Vertrauen in die Mitmenschen ist gestiegen: von 55 Prozent im März 2022 auf 70 Prozent im Jahr 2023. Die Soziologen schließen daraus, dass sich die sozialen Bindungen während der Auswanderung verstärkt haben.

Trotz des Abbruchs wirtschaftlicher Beziehungen zu Russland interessieren sich die russischen Emigranten weiterhin für das Geschehen in ihrer Heimat. Über 90 Prozent der Befragten gaben im Juli 2023 an, sich für die russische Politik zu interessieren. Darüber hinaus ist der Anteil derjenigen, die ukrainischen Flüchtlingen helfen, von 34 Prozent im März 2022 auf 38 Prozent im Sommer 2023 gestiegen.

In der russischen Presse wurde viel darüber berichtet, dass die meisten Menschen, die aufgrund der Mobilmachung ihr Land verlassen haben, inzwischen zurückgekommen sind. Laut der OutRush-Umfrage kehrten nur 16 Prozent der Abgereisten nach Russland zurück. Die überwältigende Mehrheit von ihnen (82 Prozent) verließ ihre Heimat nach kurzer Zeit wieder.

[hrsg/russland.NEWS]

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