Russische „ausländische Agenten“ appellieren an georgisches Parlament

Russische „ausländische Agenten“ appellieren an georgisches Parlament

In Georgien ist es zu Massenprotesten gegen einen umstrittenen Gesetzentwurf über die Einführung eines Registers für „ausländische Agenten“ gekommen. Ähnlich wie in Russland wollte die georgische Führung Medien und Nichtregierungsorganisationen, die Geld aus dem Ausland erhalten, zu „ausländischen Agenten“ erklären. Doch obwohl das Gesetz zurückgezogen werden soll, will die Opposition weiter demonstrieren.

Inzwischen haben sich 82 russische „ausländische Agenten“ – Journalisten, zivilgesellschaftliche und politische Aktivisten, Musiker und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens – an das georgische Parlament gewandt und appelliert, das Gesetz nicht zu verabschieden, berichtet der Menschenrechtsaktivist und Rechtsanwalt Pawel Tschikow in seinem Telegram-Kanal. Er weist darauf hin, dass die Information, das Gesetz sei von der georgischen Regierungspartei zurückgezogen worden, nicht der Realität entspreche: „Die Geschäftsordnung des Parlaments besagt, dass ein in erster Lesung verabschiedetes Gesetz nicht zurückgezogen werden kann. Es kann nicht in eine zweite Lesung gehen oder, wenn doch, mit Mehrheit abgelehnt werden. Die größte Befürchtung ist das Risiko, dass die Initiatoren des Gesetzes warten, bis die öffentliche Empörung abgeklungen ist, nachlässt, um es dann durch das Parlament zu bringen“. Georgiens Präsidentin Salome Surabischwili hatte bereits ihr Veto gegen das Gesetz angekündigt.

Unterzeichnet wurde der Brief unter anderem von dem Rockmusiker Andrej Makarewitsch, dem Schriftsteller Wiktor Schenderowitsch, der Politikwissenschaftlerin Ekaterina Schulmann, der Nawalny-Mitarbeiterin Ljubow Sobol, der Aktivistin und Pussy-Riot-Mitglied Nadeschda Tolokonnikowa, der Journalistin Jewgenia Albats und dem Filmkritiker Anton Dolin.

In dem Brief beschreiben sie den Druck und die Schikanen, denen sie seit ihrer Aufnahme in die Liste   ausländischer Agenten in Russland ausgesetzt sind. „Auf der Liste der ausländischen Agenten in Russland zu stehen, bedeutet den zivilen Tod. Diffamierungskampagnen, das Risiko von Geldstrafen und strafrechtlicher Verfolgung machen eine sinnvolle öffentliche Tätigkeit in Russland heute praktisch unmöglich. Wir begrüßen die Mehrheitsentscheidung des georgischen Parlaments, den Gesetzesentwurf über ausländische Agenten, der seinem russischen Pendant ähnelt, nicht zu verabschieden. Wir rufen dazu auf, die Auswirkungen dieses Gesetzes in Russland zu bedenken, von unangekündigten Inspektionen gemeinnütziger Organisationen im Jahr 2012 bis hin zur Quasi-Zerstörung der Zivilgesellschaft bis 2023, damit ähnliche Gesetze weder in Georgien noch anderswo verabschiedet werden“, heißt es in dem Text.

Ekaterina Schulman schrieb per Telegram: „Gemeinsam mit einer breiten Front ausländischer Agenten appellieren wir an das georgische Parlament und die Bevölkerung, die unglücklichen Fehler Russlands nicht zu wiederholen und keinen Weg einzuschlagen, von dem es kein Zurück mehr gibt. Die erste Fassung des Gesetzes über ausländische Agenten wurde 2012 verabschiedet und betraf zunächst nur Nichtregierungsorganisationen; das Register füllte sich langsam, einige wurden sogar aus der Liste wieder rausgenommen. Ausländische Agenten – Einzelpersonen und Gruppen, die nicht legal registriert sind, die immer wiederkehrende Aufnahme bekannter Namen in die Liste jeden Freitag, regelmäßige Geldstrafen, Beschlagnahmung von Eigentum als Exekutivmaßnahme und ‚ausländische Einflussnahme“‘ ohne monetären Ausdruck – all das kam später. Man muss das Krokodil erwürgen, sobald es aus dem Ei schlüpft – danach erwürgt es jeden selbst.“

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