Qui bono? Wer hatte Interesse an der Ermordung eines Terroristen in Berlin?Huebner, Hartmut © russland.NEWS

Qui bono? Wer hatte Interesse an der Ermordung eines Terroristen in Berlin?

[Hartmut Hübner] Russland steht wieder einmal am Pranger. Diesmal unter dem Vorwurf, in irgendeiner Weise an der Ermordung eines tschetschenisch-georgischen Geschäftsmannes im August im Berliner Tiergarten beteiligt zu sein. Und das zu einer Zeit, als die Zeichen in Europa eher auf Verständigung mit Russland stehen, die Sanktionen weiter bröckeln, Kiew und Moskau, mit Vermittlung von Berlin und Paris im “Normandie-Format“, erste Schritte zur Beilegung des militärischen Konflikts in der Ost-Ukraine gehen.

Und nun der Vorfall in Berlin. Gleich wird von einigen Politikern und von Teilen der Medien nach harten Reaktionen und neuen Sanktionen gegen Russland gerufen, obwohl selbst die General-Bundesanwaltschaft bisher nur von Indizien für eine Beteiligung Russlands an der Tat spricht. Das wichtigste Detail dabei scheint die Tatsache zu sein, dass der mutmaßliche Täter, ein bezahlter Killer, mit einem falschen Pass nach Deutschland eingereist ist. Das ist einfach nur lächerlich. Wer, überall auf der Welt – in Russland, Deutschland oder den USA – die entsprechenden Verbindungen und das nötige Geld hat, kann sich jederzeit eine neue Identität nebst Pass zulegen.

Wer ist also der Mann, der offensichtlich irgendjemandem im Wege war?

Der georgische Staatsbürger tschetschenischer Herkunft Selimhan Hangoschwili, Kampfname „Tornike K.“, beaufsichtigte die Ausbildung der Selbstmordattentäter für die Terroranschläge im Nordkaukasus gegen die Vertreter von staatlichen Behörden und Sicherheitskräften, sowie ihre Familienmitglieder, erfuhr «Interfax» aus einer Quelle in den russischen Behörden.

„Es war Hangoschwili, der einen engen Kontakt zwischen dem tschetschenischen Untergrund und den Terrororganisationen des Nordkaukasus und des Nahen Ostens aufbaute und aufrechterhielt. Er war eine Art Abgesandter dieser Organisationen im Nordkaukasus“, so der Informant.

Weiter sagte er, dass Hangoschwili zwar nicht aktiv an den Kämpfen in Tschetschenien teilnahm, aber „verantwortlich für die Planung und Vorbereitung von Terroranschlägen im Nordkaukasus im Auftrag dieser Terrorgruppen“ war.

Eine andere Quelle teilte mit, dass Hangoschwili im Jahre 2016 von Georgien zur internationalen Fahndung ausgeschrieben wurde. Er wurde insbesondere mit den Führern der bewaffneten Terrorgruppen Aslan Maschadow, Schamil Bassajew und Doku Umarow in Verbindung gebracht.

Wie der Insider weiter berichtet, habe Hangoshwili gemäß Instruktionen von Bassajew, eine Gruppierung angeführt, «die in den Jahren 2003 bis 2004 für Terroraktionen in Inguschetien verantwortlich war.» Dabei starben nach seinen Worten über 100 Menschen.

Frage: Wie schaffte es ein Mann mit einer solchen Vergangenheit nach Deutschland?

Es gab also eine Menge Leute, die diesen Top-Terroristen lieber tot als lebendig sehen wollten. Das der Kreml hier seine Finger im Spiel hatte, ist eher unwahrscheinlich. Denn dort würde wohl niemand die gegenwärtigen Tendenzen zur Entspannung wegen eines ehemaligen Feldkommandeurs im Tschetschenienkrieg aufs Spiel setzen wollen. Und auch eine unmittelbare Beteiligung der Führung in Grosny ist wegen der engen Bindung an Moskau eher auszuschließen. Wahrscheinlicher scheint ein Racheakt von Clans im Nordkaukasus. Aber dafür kann nicht der Staat verantwortlich gemacht werden, ebenso wenig wie für einen beliebigen Mord in Deutschland oder sonst irgendwo.

Nicht außer Acht gelassen werden sollte auch die Version, wonach seine jetzigen Geschäftspartner äußerst unzufrieden mit ihm waren.

Und wer kann ausschließen, dass es sich bei der Ermordung Hangoshwilis um eine gezielte ‚Aktion westlicher Geheimdienste handelte? Der Zeitpunkt und die gesteuerte Verbreitung von Informationen über eine angebliche Beteiligung Russlands geben durchaus Anlass zu solchen Überlegungen.

Welche dieser Vermutungen sich am Ende als zutreffend herausstellt oder ob die Angelegenheit, nach der Verhängung weiterer Sanktionen, im Sande verläuft – immer stellt sich die Frage: Qui Bono? – Wem nützt es?

[hh/russland.NEWS]

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