Putin vor russischem Menschenrechtsrat: „Haben den Krieg nicht begonnen“

Putin vor russischem Menschenrechtsrat: „Haben den Krieg nicht begonnen“

Per Videokonferenz traf der russische Präsident Wladimir Putin am Mittwoch mit Mitgliedern des Menschenrechtsrates zusammen, was am Abend vom Fernsehsender Rossija 24 übertragen wurde. Ein Video auf russisch und der englische Volltext sind auf der Kremlseite veröffentlicht. Präsidentensprecher Dmitri Peskow dementierte die Existenz einer Stoppliste. Kritische Fragen waren bei dem jährlichen Treffen nicht zu erwarten.

Ausländischen Beobachtern fiel vor allem auf, dass der russische Präsident den Ersteinsatz von Atomwaffen durch Russland nicht ausdrücklich ausschloss: „Wenn es den ersten unter keinen Umständen einsetzen wird, bedeutet das, dass es auch den zweiten nicht einsetzen wird“. Er wies jedoch darauf hin, dass „wir mit diesen Waffen nicht wie mit einem Rasiermesser in der Welt herumfuchteln werden“ und dass Russland sie als „natürliche Abschreckung“ betrachtet.

Die russische Presse zitierte Putin weitgehend mit den Worten, die „Militäroperation werde vielleicht ein langwieriger Prozess“, dessen bedeutendes Ergebnis jedoch bereits das „Auftauchen neuer Gebiete“ sei. Und auch, dass eine weitere Mobilisierung nicht nötig sei – „vorerst“. Bisher sei nur die Hälfte der 300.000 mobilisierten Soldaten im Einsatzgebiet, und nur die Hälfte von ihnen sei in Kampfeinheiten.

Für Diskussionen sorgte eine mutmaßliche im Voraus zwischen dem Vorsitzenden des Menschenrechtsrates (HRC), Waleri Fadejew, und der russischen Präsidialverwaltung vereinbarten Liste mit Themen, die Menschenrechtsaktivisten auf der Veranstaltung nicht ansprechen sollten – darunter Verluste an der Front, die Hinrichtung des Häftlings Jewgeni Nuschin und die Proteste der Mütter der Einberufenen, die zuvor nicht zu einem Treffen mit Putin eingeladen worden waren.

Fragen zu den Mobilisierten und deren Versorgung dürften nur „sehr vorsichtig“ erörtert werden. Zu den wünschenswerten Diskussionsthemen gehörten der Zustand der Umwelt, Sanktionen gegen russische Bürger im Westen und die „Abschaffung der russischen Kultur“, die Flüchtlingsproblematik und das Gesetz zum Verbot von LGBT-Propaganda.

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow dementierte das Vorhandensein einer solchen „Stoppliste von Fragen“. Die Mitglieder des Präsidial-Menschenrechtsrates hätten Wladimir Putin uneingeschränkt alle Fragen stellen können, so Dmitri Peskow. „Die Leute dort sind willensstark, sie werden sich nicht an eine Stoppliste halten“.

Kritische Fragen waren unwahrscheinlich, da Putin Mitte November die Menschenrechtsaktivisten Nikolai Swanidze, Andrei Babuschkin, Igor Kaljapin, die Journalistin Ekaterina Winokurowa, den Leiter des SOWA-Zentrums Alexander Werchowsky, den Mitarbeiter der Moskauer Staatsuniversität Iwan Zasursky, den Professor der Moskauer Staatsuniversität Alexander Asmolov und andere aus dem HRC ausgeschlossen hatte. Winokurowa hatte damals umgehend reagiert: „Nun, was soll ich sagen, ich denke, dass sie beschlossen haben, das Risiko unangenehmer Fragen an den Präsidenten zu minimieren.“ Bei den neuen Ratsmitgliedern sei alles ohne Worte klar.

Zu neuen Mitgliedern des HRC wurden der Militärblogger Alexander Kots sowie der Schriftsteller Nikolai Iwanow, der Exekutivsekretär des PMC von Moskau Alexei Melnikow, das Präsidiumsmitglied der öffentlichen Bewegung „Free Donbass“ Elena Schichkina und sieben weitere Personen.

In Erinnerung an dieses harmonische Treffen werden folgende Aussagen Putins bleiben:

„Schließlich wurde der Krieg (война) nicht von uns begonnen, sondern 2014 nach dem Staatsstreich in der Ukraine.“

 „Russland könnte der einzige wirkliche Garant der territorialen Integrität und Souveränität der Ukraine innerhalb ihrer derzeitigen Grenzen sein.“

„Das Asowsche Meer ist zu einem Binnenmeer der Russischen Föderation geworden.“

[hrsg/russland.NEWS]

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