Putin auf der großen jährlichen Pressekonferenz des russischen Präsidenten: „Wir brauchen einen Durchbruch“Putin 181220 Große Pressekonferenz bild © kremlin.ru

Putin auf der großen jährlichen Pressekonferenz des russischen Präsidenten: „Wir brauchen einen Durchbruch“

Heute gab Wladimir Putin die 14. Große Pressekonferenz. Die Anzahl der akkreditierten Journalisten brach alle Rekorde – 1800 Presseleute haben sich im Konferenzsaal des Internationalen Handlungszentrums in Moskau versammelt. Vertreter sowohl kleiner Pressorgane aus den Regionen als auch internationaler Fernseh- und Radiosender aus der ganzen Welt von Afghanistan, China, Türkei bis zu USA und sogar Lateinamerika wollten dem russischen Präsidenten ihre Fragen stellen. Die Pressekonferenz dauerte drei Stunden und 52 Minuten.

Putin begann mit positiven Angaben zur Entwicklung des Landes. In den 10 Monaten des Jahres 2018 wuchs das Bruttoinlandprodukt um 1,7 Prozent. Der Zuwachs der realen Einkommen der Bürger betrug 0,5 Prozent, die Inflation ist akzeptabel und beträgt 4,1 Prozent, die Arbeitslosigkeit ist auf 4,8 Prozent gesunken, die Löhne um 7,4 Prozent gewachsen, die Handelsbalance beträgt 157 Milliarden Dollar (Ende des Jahres werden 190 Milliarden Dollar erwartet). Die Rente ist auf 14.163 Rubel gestiegen und die Lebenserwartung auf 72,9 Jahre.

Dann übergab er das Wort an die Journalisten. Die meisten Fragen betrafen die Wirtschaft, die Rentenreform, das Verhältnis zur Ukraine und den Umweltschutz. Viele Fragen kamen aus den russischen Regionen wie Jakutien, Wolgograd, Rjasan, Kaukasus, Wladiwostok, Ussurijsk oder Jekaterinburg.

Viele Journalisten zweifelten an der Glaubwürdigkeit der vorgelegten Statistik: es sehe alles so rosig aus, aber das Leben der einfachen Menschen ist schwer. Man bekommt unweigerlich das Gefühl, dass die Beamten nur mit Zahlen jonglieren. Sollte man die offizielle Statistik nicht justieren?

„Ich teile ihre Besorgnis teilweise“, gab der Präsident zu. Man solle den Menschen erklären, woher diese Zahlen kommen. Es geht immer um den Durchschnitt. „Die Tendenz ist aber positiv und die Kaufkraft wächst kontinuierlich“.

Die erste Frage kam von der Nachrichtenagentur TASS. Wie sieht es mit großen Nationalprojekten aus? Braucht das Land sie überhaupt?

„Ja, wir brauchen einen Durchbruch, ansonsten hat Russland keine Zukunft. Dafür müssen alle Ressourcen auf wichtigsten Richtungen konzentriert sein“. Das sei der Sinn der 12 Nationalprojekte, so Putin.

Doch die Wirtschaft wächst seit 10 Jahren nur um etwa 1 Prozent, was einer Stagnation gleicht. Wie will die Regierung diesen Durchbruch erreichen?

Putin widersprach: die russische Wirtschaft wuchs zwischen 2008 und 2018 um 4,5 Prozent und der Rückgang hatte mit der internationalen Wirtschaftskriese zu tun. „Man darf das nicht nur mechanisch ausrechnen“. Die Nationalprojekte sind dafür da, die ganze Struktur zu ändern.

Man warf Putin vor, der Staat unterstütze die einheimischen Hersteller nicht genug.

Putin: die Wirtschaft wächst um 3 Prozent und die Leichtindustrie wächst sogar um 9 Prozent, die Nahrungsmittelindustrie um 13 Prozent. Putin gab zu, dass die Unterstützung nicht ausreichend sei, deswegen ist ein Programm entwickelt worden, einzelne Branchen zu unterstützen. 450 Milliarden Rubel werden allein im Jahre 2019 dafür ausgegeben.

Menschen haben reale Angst vor einem Atomkrieg. Womit will der Präsident die Leute beruhigen?

„Die Welt werde Zeuge des Zusammenbruchs der internationalen Ordnung“, erwiderte Putin. „Wenn, Gott verhüte, so etwas passiert, kann das zur Vernichtung der ganzen Zivilisation führen, wenn nicht des ganzen Planeten“. Und das habe u.a. mit der Entscheidung der USA zu tun, aus dem INF-Vertrag für atomare Mittelstreckenraketen auszusteigen. „Wir werden unsere Sicherheit gewährleisten müssen“, sagte Putin. „Und sie sollten später nicht über uns „quietschen“, dass wir einseitige Vorteile gewännen. Wir wollen keine Vorteile, wir versuchen, die Balance zu halten, um unsere Sicherheit zu gewährleisten.“

Zum Thema des Kertsch-Konfliktes und ob diese Provokation gelungen war, antwortete Putin mit einer Frage:

„Also war es doch eine Provokation?“ Jede Provokation sei schlecht, die spitzt die Situation zu. „Das hat vielleicht das Rating des heutigen Präsidenten etwas verbessert. Aber auf Kosten der Interessen des Landes“.

Ein ukrainischer Journalist stellte die Frage: „Was kostet Russland der okkupierte Donbass?“ Die Leute dort leiden. Vielleicht klappt die ukrainisch-russische Beziehung, wenn Putin seinen Arbeitsplatz wechselt.

Putin antwortete: „Wenn Sie diese Menschen für die ukrainische Bürger halten, warum hat Ukraine eine Blockade eingeführt und beschießt ihre eigenen Bürger?“ Und es gehe nicht um Persönlichkeiten, sondern darum, dass Russland ein Interesse daran hat, dass Frieden herrscht. Doch solange in der Ukraine Russophoben an der Macht sind, wird sich nichts ändern.

Über die Sanktionen gegen die Bewohner der Krim Einwohner sagte er: „Man spricht von einer Annexion. Was ist eine Annexion? Eine Okkupation. Aber wenn es eine Annexion war, warum sollen denn die Bürger von Krim leiden? Wenn sie aber frei für die Vereinigung mit Russland gestimmt haben, dann wird durch Sanktionen diese Abstimmung für legitim erklärt. Das ist es“.

Putin schätzte die Beziehungen zur China und zur Türkei positiv ein. „Die Beziehungen stecken in der Sackgasse“, so bewertete er das Verhältnis zu Großbritannien. Obwohl 2018 etwa 22 Milliarden Dollar direkte Investitionen aus Großbritannien kamen. Ob er sich mit Theresa May bei dem G20-Gipfel getroffen habe? Mit Theresa May habe er ein paar Wort gewechselt. Wird ein Treffen mit Trump stattfinden? „Das weiß ich nicht. Wir sind bereit und es gibt Fragen, die wir besprechen sollten“, antwortete der russische Präsident. Dass die USA ihre Truppen aus Syrien abziehen, findet Putin richtig und erinnerte daran, dass sie dort ohne jegliche Legitimierung waren.

Es kamen viele kritische Fragen zur Politik von Gasprom, das Gas nach Europa liefert aber ganze Regionen ohne Gas bleiben, zu den Situationen in Gefängnissen und Straflagern oder über die letzten Skandale mit den Rappern oder zum Thema Doping.

Die Journalistin von „World Street Journal“ stellte eine interessante Frage:  “Im Westen wird Russland oft als Gefahr gesehen und man glaubt sogar, Sie persönlich wollen die Welt regieren. Wollen Sie das wirklich?

„Wir wissen, wo das Hauptquartier derer ist, die die Welt regieren wollen. Und das befindet sich nicht in Moskau“, so der Kremlchef.

Viele glauben, für die ganzen Miseren sind schlechte Beamten verantwortlich.

„Der Zar ist gut, aber die Bojaren sind Diebe“. Das sei der alte russische Glaube, antwortete Putin. „Wenn etwas schiefläuft, dann sind aber alle daran schuld“.

Welches Ereignis war für Putin das wichtigste 2018?

Die Präsidentenwahlen und die WM.

Es kamen auch persönliche Fragen. „Wann heiraten Sie?“, wollte ein Internetjournalist wissen.

„Als anständiger Mann soll ich das offensichtlich eines Tages tun“, wich Putin wie immer bei solchen Fragen aus.

[Daria Boll-Palievskaya/russland.NEWS]

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