Pandemie zum Trotz: Konzert von Plácido Domingo in Moskau

Pandemie zum Trotz: Konzert von Plácido Domingo in Moskau

Hätten nicht einzelne Personen Masken getragen, würde nichts darauf hindeuten, dass die Coronavirus-Pandemie noch immer im Gange ist. Zwar waren nur fünfzig Prozent der Karten im Verkauf und tatsächlich war jeder zweite Stuhl mit Plakaten bedeckt, auf denen stand: „Bitte lassen Sie diesen Platz frei“. Aber vom Parkett aus gesehen war es kaum zu glauben, dass das Bolschoi-Theater nur halb voll war. Immerhin war es ein Konzert des großen Placido Domingo, was bedeutet, dass die gesamte kulturelle, politische und industrielle Elite der russischen Hauptstadt ins Theater kam.

Während die Pandemie in Europa weiter wütet, erholt sich das kulturelle Leben in Moskau langsam aber sicher. Und das Konzert des großen spanischen Tenors mit dem Titel „Der Frühling. Die Liebe. Die Oper“ war ihr Höhepunkt. Domingo ist bereits achtzig Jahre alt, und natürlich klingt seine Stimme nicht mehr so wie in der Blütezeit seines Talents, aber man spürt die brillante Schule des Könnens. Außerdem war Domingo nicht auf sich allein gestellt. Zu seiner Hilfe rief er Sängerinnen und Sänger auf, die in verschiedenen Jahren den von ihm gegründeten Gesangswettbewerb „Operlia“ gewonnen hatten. Darunter waren der bereits weltbekannte Bariton Erwin Schrott, der mexikanische Tenor Javier Camarena und die russische Sopranistin Aida Garifullina.

Die jüngste Teilnehmerin des Konzerts war Maria Kataeva. Die Karriere von Maria Kataeva, die aus Nowokusnezk in Sibirien stammt, begann in Deutschland. Heute ist sie ein Star auf der Bühne der Deutschen Oper am Rhein, wo sie ganz unterschiedliche Partien singt, von Mozart bis Tschajkowskij. Und natürlich darf Carmen in ihrem Repertoire nicht fehlen. Die Rolle hat ihr sehr geholfen, als sie sich auf Zarzuela vorbereitete – eine besondere spanische Musikgattung. Mit Zarzuela hatte sie 2019 in Prag den spanischen Sänger überzeugt und den zweiten Platz in Prag gewonnen. Das berühmte „Zigeunerlied“ aus „Carmen“ sang sie auch im gestrigen Konzert: „Im Bolschoi Theater aufzutreten ist für eine russische Sängerin etwas absolut Besonderes. Dies ist eine lang erwartete neue Etappe auf meinem künstlerischen Weg. Es war großartig, hier auf der Bühne vom Bolschoi mit Künstlern aus der ganzen Welt zu singen. Alle waren sehr aufgeregt, weil wir so froh waren, nach einer langen Pause wieder auf der Bühne aufzutreten und endlich ein Publikum zu sehen. Mitten in der Pandemie war das ein wahres Geschenk.“

Zur großen Freude des Moskauer Publikums sangen alle Solisten als Zugabe das weltberühmte russische Lied „Moskauer Abende“. Dabei forderte Domingo die Zuschauer zum Mitsingen auf. Was sie auch mit Vergnügen taten. Pandemie hin oder her. Doch als das vom minutenlangen Applaus ermüdete Publikum dachte, das Konzert sei beendet, kam der Maestro wieder auf die Bühne. „Unser Konzert wird aufgenommen, und Señor Domingo war mit einigen Stellen unzufrieden. Wir werden diese wiederholen“, erklärte der Dirigent. Und so bekamen die glücklich Auserwählten den Einblick in die künstlerische „Küche“ des großen Perfektionisten. Das für die Dauer von zwei Stunden angekündigte Konzert dauerte im Endeffekt über vier Stunden.

[Daria Boll-Palievskaya/russland.NEWS]

Fotos: © Damir Yusupov

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