Opposition in der Ukraine – wer ist Julia Timoschenko?

Moskau. In ihrem Kampf gegen die ukrainische Regierung von Präsident Viktor Janukowitsch tritt die zersplitterte Opposition in der Ukraine bei den Massenprotesten mit einem Burgfrieden auf. Mit Appellen aus der Haft führt die seit August 2011 sich im Gefängnis befindliche Oppositionsführerin Julia Timoschenko ihre Partei, die Vaterlandspartei, gegen Präsident Janukowitsch. Die Europäische Union (EU) verlangt die Freilassung der 53-Jährigen. Timoschenko ruft aber die EU dazu auf, ihre eigene Freilassung nicht mehr zur Bedingung für Abkommen mit der Ukraine zu machen. Ist dieses nur zum Schein, wer ist Julia Timoschenko überhaupt?

Die Ukraine steht mal wieder im Rampenlicht der Weltöffentlichkeit. Nicht wegen wirtschaftlicher Errungenschaften oder anderer positiver Ereignisse , sondern wegen der Nichtratifizierung des Assoziierungsabkommen der Ukraine mit der EU und der jetzigen daraus resultierenden anhaltenden Demonstrationen der Opposition. Hier findet auch wieder  Julia Timoschenko ihre Bühne. Eine Medaille hat aber immer zwei Seiten.

Es ist nur schwer vorstellbar, dass die inhaftierte Oppositionsführerin Julia Timoschenko demnächst aus dem Straflager bzw. von ihrem Krankenbett in die EU reisen darf.

Wer ist Julia Timoschenko?

Auf der einen Seite gilt Julia Timoschenko als Opfer der Justiz in der Ukraine, auf der anderen Seite ist sie aber auch eine Oligarchin – denen man zuordnet, dass sie sich das Volkseigentum der ehemaligen Sowjetrepublik mit Mafiamethoden unter den Nagel gerissen habe.

Timoschenko lehnte sich gegen Viktor Janukowitsch auf. „Der heutige Präsident hatte sie deshalb von der ukrainischen Justiz einsperren lassen“ – dieses Bild haben Timoschenkos Bewunderer im Auge. Doch sie ist auch ein äußerst raffgieriger Mensch.

Mit 19 Jahren heiratete sie den Armenier Alexander Timoschenko. Beide erwirtschafteten sich mit einem Videoverleih ihr tägliches Brot. Nach dem Untergang der ehemaligen Sowjetunion pflegte ihr Ehemann weiterhin gute Kontakte nach Russland. Das Ehepaar verdiente im undurchsichtigen Erdölgeschäft seine erste Million. Den Durchbruch brachten für Julia Timoschenko die Jahre 1995 bis 1997. Sie wurde Chefin des Energieriesen EESU und stieg zur milliardenschweren „Gasprinzessin“ auf.

Sie zählte ab sofort zum Kreis der Oligarchen. Ihr System lautete – EESU importiert subventioniertes Gas aus Russland und verkauft es mit Milliardenprofiten zu Weltmarktpreisen. Dieser Subventionsbetrug flog aber auf und sie wurde für 42 Tage in Untersuchungshaft gesteckt. 

Was machte Frau Timoschenko danach? 

Julia Timoschenko machte einen ganz geschickten Schachzug danach, den sie sich in ihrer U-Haft genau überlegt hatte – sie änderte nicht nur ihr Äußeres, sie ging auch in die Politik.

Dieses war von ihr geschickt eingefädelt worden, um ihren Einflusskreis zu erweitern und einer weiteren Strafverfolgung zu entkommen. Sie stellte sich zusammen mit Viktor Juschtschenko, der von 2005 bis 2010 Präsident der Ukraine war, an die Spitze der sogenannten „Orangen Revolution“. Beide verfeindeten sich aber danach. Juschtschenko sagt heute: „Der größte Fehler meines Lebens war Julia Timoschenko.“

2009 schließt Timoschenko als Regierungschefin mit Russland einen Gasvertrag ab. Dabei eliminierte sie Dmijtro Firtasch als Zwischenhändler. Firtasch, seines Zeichens selbst Oligarch, finanziert die Partei von Viktor Janukowitsch. Als der 2010 die Präsidentenwahl gegen Timoschenko gewinnt, forderte Firtasch den Kopf der Verliererin. Anderthalb Jahre später verurteilte ein Kiewer Gericht Timoschenko zu sieben Jahren Haft – ein Akt von Rachejustiz, wie die Welt urteilte und urteilt.

Der Umgang mit der inhaftierten Julia Timoschenko ist einer Demokratie, wie sich die Ukraine gerne hinstellt, nicht würdig – eine „Heilige“, wie die Weltöffentlichkeit Frau Timoschenko gerne sieht, ist sie aber auch nicht.

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