Neues Altes vom Lexikus-Verlag – Russisches Leben – 15. Das Wort Zar

Neues Altes vom Lexikus-Verlag – Russisches Leben – 15. Das Wort Zar

Aus: Russisches Leben in geschichtlicher, kirchlicher, gesellschaftlicher und staatlicher Beziehung. Nebst Reisebildern aus Russland während des ersten Erscheinens der Cholera.

Autor: Simon, Johann Philipp (?-?),

Erscheinungsjahr: 1855

Achmats Söhne führten zwar in den wolga’schen Steppen noch den Zarentitel, aber ihre Macht war durch den Tod ihres Vaters in Russland auf immerdar gebrochen. Wie mächtig und gefürchtet die Mongolen von Dschingis-Chan bis auf Achmat waren, haben wir gesehen, und wie sehr sie sich auf ihre Macht brüsteten, erhellt daraus, dass die meisten ihrer Chane sich den Zarentitel beilegten.

So lange die russischen Souveräne ihre Lehnsleute waren, durften diese letzteren den Zarentitel nicht führen. Als aber der Großfürst von Moskau sie besiegte, nannte auch er sich Zar, zum Zeichen seiner nunmehrigen höchsten Gewalt. Nach Karamsin hatten zwar schon einige russische Großfürsten vor Johann III. den Titel. Zar als Ehrentitel der großfürstlichen Würde angenommen, z. B. Ifsjäfsslaw im 12., und Dimitrij Donskij im 14. Jahrhundert; allein es fehlte ihnen an Macht und Ansehen, denselben auf ihre großfürstlichen Nachkommen zu vererben. Johann III war so stolz auf diesen Titel, dass er ihn höher achtete, als selbst den Kaisertitel. Denn in der slawonischen Bibel wird Christus Zar der Juden genannt, desgleichen auch David und Salamon. Es habe also Gott gefallen, seine Auserwählten mit diesem Titel zu beehren, während der Name Kaiser von Menschen erfunden worden sei, meinen die naiven Russen. Johann der Schreckliche war noch stolzer auf den Zarentitel, als sein Großvater, indem er gegen ausländische Gesandte oft äußerte, es existiere kein höherer Titel, als der Zarentitel.

Papst Gregor XIII. wollte sich aus schlauer Politik in den Streitigkeiten, welche Johann der Schreckliche mit Stephan Bathory, dem Könige von Polen hatte, zum Vermittler machen, schickte den Jesuiten Passewini zu ihm und bot ihm durch diesen unter anderem auch den Königstitel an. „Wie“, sagte dieser höhnisch lächelnd, „ich bin Selbstherrlicher aller Russen und mein Titel ist Zar, das ist: König aller Könige! Kaiser Maximilian, im Einverständnis mit dem heil. Vater und dem Könige von Spanien, suchte auf die schmeichelhafteste Weise diesen Zaren zu bewegen, einen Krieg mit der Türkei anzufangen. Sein Gesandter sprach zu Johann also: „Das ganze christliche Europa wird Bündnis mit Dir schließen, um die hohe ottomanische Pforte mit einem Schlage zu Wasser und zu Lande niederzustürzen. Das ist eine Tat, wodurch Du Dich und Russland auf ewig berühmt machen wirst. Wir vertreiben die Türken aus Konstantinopel nach Arabien, rotten den mohamedanischen Glauben aus, segnen Thracien und Hellas aufs neue mit dem Zeichen des Kreuzes ein – und Dein sei das ganze griechische Reich gegen Sonnenaufgang, o großer Zar! also sprechen der Kaiser, der heil. Vater und der König von Spanien.“ – Maximilian hatte indes Anstand genommen, den russischen Herrscher Kaiser oder Zar von Russland zu nennen; er nannte ihn nur Zar von Astrachan und Kasan, da beide Königreiche unter dieses Zaren Regierung von den Russen in den Jahren 1552 und 1557 erobert worden waren und ihre Herrscher den Titel Zar bisher geführt hatten.

Quelle: http://www.lexikus.de/bibliothek/Russisches-Leben–15-Das-Wort-Zar

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