Seit Freitag kann man in Moskau ohne Handschuhe herumlaufen. Es geht nicht darum, dass in der russischen Hauptstadt im Hochsommer sibirische Kälte herrschte und es erst am 30. Juli warm genug wurde, um auf Handschuhe verzichten zu können. Die Moskauer trugen sie nicht im Freien, sondern in öffentlichen Verkehrsmitteln, Taxis, an öffentlichen Plätzen, Restaurants usw. Oder sie hätten sie tragen sollen. Russland war das einzige Land in der Welt, wo nicht nur Masken- sondern auch Handschuhpflicht als Corona-Maßnahme galt.
Der Moskauer Bürgermeister Sergej Sobjanin hat jetzt die Einwohner und Besucher der Hauptstadt davon befreit, an öffentlichen Orten Handschuhe tragen zu müssen. Das Tragen von Masken bleibt weiterhin Pflicht.
„Heute habe ich einen Erlass unterzeichnet, der die Abschaffung der Handschuhpflicht in Verkehrsmitteln, Geschäften und anderen öffentlichen Einrichtungen vorsieht. Gleichzeitig bleibt die Verwendung von Atemschutzmasken obligatorisch. Wir müssen diese entscheidende Barriere gegen die Ausbreitung des Virus aufrechterhalten, bis die Zahl der neuen Fälle auf ein Minimum reduziert ist“, so Sobjanin
Der Bürgermeister führte die Entscheidung, die Sicherheitsmaßnahmen zu lockern, auf die verbesserte Covid-19-Situation in der Stadt zurück, einschließlich eines dramatischen Rückgangs der täglich festgestellten Infektionen und der Krankenhauseinweisungen der Erkrankten. Die Hauptstadt habe den Höhepunkt der Krankheit überschritten, sagte der Bürgermeister. Er stellte fest, dass „die Zahl der neu entdeckten Covid-Fälle um das 2,2-fache und die Zahl der Krankenhauseinweisungen um das 1,6-fache im Vergleich zu den Spitzenwerten der zweiten Junihälfte zurückgegangen ist.
Das, was der Bürgermeister als Milderung der Schutzmaßnahmen bezeichnet, war allerdings von Anfang an eine mehr als fragwürdige Maßnahme. Noch im vorigen Jahr konnte man lesen, dass die Verwendung von Handschuhen unwirksam sei. Es ist viel wichtiger, vor und nach der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ein Antiseptikum an Händen zu verwenden, erklärte der Chefspezialist für Infektionskrankheiten des russischen Gesundheitsministeriums, Wladimir Tschulanow. „Der Hauptübertragungsweg des Virus (neunzig Prozent) führt über die Luft, und nur zehn Prozent auf dem Kontaktweg, wenn wir eine Oberfläche berühren, auf der das Virus unsere Hände erreicht, und dann über Berührungen in Auge und Mund gelangt. Diese zehn Prozent spielen keine bedeutende Rolle“, erklärte der Mediziner der Nachrichtenagentur Interfax.
Außerdem werden Handschuhe falsch entsorgt, so Tschulanow. Allerdings wird die „Härte russischer Gesetze durch die Unverbindlichkeit ihrer Umsetzung gemildert“. Das wusste ein russischer Schriftsteller bereits vor mehr als 150 Jahren. Und so hatten sich die meisten Moskauer kaum daran gehalten.
Seit dem Beginn der Pandemie wurden in der Hauptstadt genau 1.499.131 Fälle von Coronavirus-Infektionen festgestellt. 1.351.297 Patienten mit Covid-19 gelten als geheilt, 25.477 sind gestorben.
[hrsg/russland.NEWS]
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