Mit Kunst gegen Coronavirus-Nachrichten – russische Künstlerin präsentierte in Berlin ihre Ausstellung online [mit Video]

Mit Kunst gegen Coronavirus-Nachrichten – russische Künstlerin präsentierte in Berlin ihre Ausstellung online [mit Video]

Das kulturelle Leben steht still. Schauspiel- und Opernhäuser, Galerien, Kinos und Kleinbühnen sind geschlossen. Musiker und Sänger zeigen ihr Können jetzt online. Die Moskauer Philharmonie hat beispielsweise ein neues Format ins Leben gerufen – die Hauskonzerte. Berühmte russische Musiker spielen in Echtzeit vor leerem Saal, aber Millionen Menschen auf der ganzen Welt können die Konzerte online genießen.

Und wie vermittelt man die bildende Kunst, wenn alle Museen und Ausstellungen geschlossen sind? Die Studio Galerie Berlin ging einen ungewöhnlichen Weg. Die aktuelle Ausstellung der Künstlerin Elya Yalonetski „Verlorenes Paradies“ wurde Online gezeigt und die Vernissage online gestreamt. Die bemerkenswerte und gewaltige Installation besteht aus hundert Keramikfiguren. Das Kunstwerk kann als Sinnbild für die Krise, in der wir uns heute befinden, interpretiert werden – die Vertreibung von Adam und Eva aus dem Paradies, wobei Berlin das Paradies ist.

Elya Yalonetski ist in der Ukraine aufgewachsen, studierte in der Nähe von Moskau Kunst und lebte in Israel. Dann kehrte sie als israelische Bürgerin nach Russland zurück und studierte an der traditionsreichen Vasnetzov Kunstschule in Abramtsevo. „Ich komme aus einer kleinen ukrainischen Stadt, die einst sehr jüdisch war. Früher gab es dort zehn Synagogen, und als wir 1990 die Stadt verließen, blieben nur 34 jüdische Familien“, erzählt Elya. Deswegen vereint ihre Keramik Motive vieler Kulturen und Traditionen und erinnert manchmal an das russische Kunsthandwerk. „Obwohl ich Jüdin bin, habe ich in Russland studiert und die Renaissance der Orthodoxie in den 90ern miterlebt, deswegen mache ich auch Engel. Außerdem haben wir an der Kunstakademie russisches Handwerk studiert, das hat mich geprägt“. Seit 2008 lebt die Keramikkünstlerin in ihrer Wahlheimat Berlin.

Mit ihren außergewöhnlichen burlesken Figuren scheint sie nicht in die moderne technologische Welt zu passen. Wer interessiert sich im Zeitalter von Smartphones für Keramik? „Ich glaube, Sie irren sich“, sagt die Künstlerin. „Alle unsere elektronischen Geräte werden verschwinden, aber die Keramik wird auch in zweitausend Jahren noch da sein. Vielleicht ist es in Deutschland wirklich keine populäre Kunstform. Wahrscheinlich liegt es daran, dass die Menschen es gewohnt sind, schnell von Ort zu Ort umzuziehen. Sie wollen dabei kein Ballast haben. Es ist ein Problem für zeitgenössische Künstler im Allgemeinen. Wir alle fliegen ohne Gepäck. Unsere Zeit hat sich in ein kleines Format verwandelt. Und die Dinge, die wir anfassen können, brauchen wir nicht mehr. Daher bleibt die Fotografie als Genre relevant: ein Bild kann immer gedruckt und dann weggeworfen werden. Und in der neuen Wohnung können Sie sie erneut ausdrucken“.

Doch Elya bleibt ihrem Stil treu und macht keine Dinge, die wie Teller oder Teekessel „gut gehen“. „Ich kann nichts ohne Liebe schaffen oder gar  meine Kunst in ein Fließband verwandeln.“

Mir ihrer Installation über Garten Eden begann sie bevor das Coronavirus kam. „Das Thema der Vertreibung aus dem Himmel scheint jetzt aktuell zu sein. Ich hoffe, dass wir alle mit diesem Problem fertig werden. Meine Eva hält in der Hand sogar eine Schüssel mit einer Schlange als Symbol der Medizin. Ich meine, ich habe sogar die Schlange in etwas Positives umgewandelt. Vielleicht sollten wir einige Schlussfolgerungen ziehen und aus dieser Krise etwas lernen“.

Wie ist die Vernissage gelaufen? „Wir sind daran gewöhnt, dass überall auf der Welt Musiker Konzerte online geben. Aber eine Online-Ausstellung zu machen, ist etwas völlig Neues. Vor der Epidemie waren die Berliner mit kulturellen Angeboten sehr verwöhnt. Es gab eher das Problem zu entscheiden, zu welcher Veranstaltung man geht. Jetzt sind wir in unseren vier Wänden eingesperrt, und die Leute sind von der Idee einer Online-Vernissage begeistert. Mehr als tausend Menschen kamen online zu unserer Ausstellung. Obwohl es natürlich schwierig ist, die Wirkung auf die Zuschauer auf diese Weise zu spüren. Aber vielleicht finden wir neue Wege, um mit der Kunst in Kontakt zu kommen“, meint Elya.

[Daria Boll-Palievskaya/russland.NEWS]

 

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