Masleniza-Fest: Karneval auf RussischMasleniza © mos.ru

Masleniza-Fest: Karneval auf Russisch

Am Aschermittwoch ist bekanntlich „alles vorbei“. Doch nicht in Russland. Wenn im Rheinland der Karneval zu Ende geht, fangen die Russen grade erst an zu feiern. Eine Entsprechung des Karnevals heißt im Russischen Masleniza (Масленница), was vom Wort „maslo“ (масло) stammt und ins Deutsch als Butterwoche übersetzt werden kann. Das ist ein sehr ausgelassenes Fest, bei dem es vor allem um deftiges Essen geht. Man haut so zu sagen noch richtig rein, bevor die Zeit des Verzichts kommt. Denn nach dieser Woche beginnt die strenge Fastenzeit vor dem Osterfest. Während Masleniza darf man Milchprodukte, Eier und Käse essen (jedoch kein Fleisch).

Die Butterwoche dauert sieben Tag, dabei hat jeder Tag seinen genauen Ablauf. So lädt zum Beispiel am Mittwoch die Schwiegermutter ihren Schwiegersohn zum Bliny-Essen ein.  Am Freitag am „Schwiegermutterabend“ ist dann der Schwiegersohn an der Reihe und muss seine Schwiegereltern mit Köstlichkeiten verwöhnen und bewirten. Aber eigentlich dreht sich alles nur um ein typisch russisches Gericht – die Bliny.

Viele Russinnen kennen ihr eigenes Rezept für Bliny – diese mächtigen runden Pfannkuchen aus Hefeteig, die in ihrer Form an die Sonne erinnern sollen. Sie werden aus Hirse- Buchweizen- oder Weizenmehl gebacken. Die Bliny begleiten die ganze Woche dauernden Volksfeste. Ob mit Schmand, Kaviar, eingesalzenem Fisch, mit Marmeladen, Honig oder nur pur – einen dampfenden Blin „vom Feuer aus der Glut“, wie die Russen zu sagen pflegen, draußen zu essen ist Genuss pur!

Der russische Dichter Anton Tschechow hat sie mit einem molligen „Oberarm einer Kaufmannstochter“ verglichen. In seiner Erzählung „Über die Vergänglichkeit“ freut sich der Progagonist auf seine Bliny-Mahlzeit so: „Um die Getränke drängten sich in kunstvoller Anordnung Heringe in Senfsoße, Sprotten, saure Sahne, schwarzer Kaviar, frischer Lachs und mehr. Runterstopf lächelte wohlgefällig und übergoss die Bliny mit heißer Butter. Dann, als wollte er seinen Appetit schüren und sich am Vorgeschmack ergötzen, bestrich er sie, langsam und hin und wieder innehaltend, mit Kaviar.  Die Stellen, auf die kein Kaviar gekommen war, begoss er mit Sahne“.

Das Feiern von Masleniza war zu Sowjetzeit genauso verboten, wie Weihnachten oder Ostern. Doch obwohl es keine öffentlichen Feierlichkeiten stattfanden, feierten die meisten Russen ihre Masleniza privat. Zumindest das Bliny-Backen konnte man den Menschen nicht verbieten.

Heute ist das Masleniza-Fest wieder „voll in“. Überall werden zu dieser Zeit Schneeballschlachten und Konzerte unter dem freien Himmel veranstaltet, mitten in Moskau baut man riesige Eisrutschen. Vor allem aber kann man die leckeren Bliny genießen.

Weil die Butterwoche mit der anderen Errechnung des Osterfestes bei den Orthodoxen Christen zusammenhängt, wird sie oft später als der Karneval im katholischen Europa gefeiert. 2020 begann die Butterwoche am 24. Februar, wenn in Rheinland der Rosenmontag tobt.  Genau wie der rheinische Karneval, hat das Masleniza-Fest einen heidnischen Ursprung – die Ost-Slawen feierten den Abschied vom Winter und freuten sich auf den Frühling. Doch seit der Christianisierung Russlands wurde Masleniza ein Teil der christlichen Tradition.

Am 1. März wird dann alles vorbei sein. Am sogenannten Vergebungssonntag bitten die gläubigen Russen einander um Vergebung. Wie der Nubbel am Aschermittwoch des Kölner Karnevals, wird die Strohpuppe von Masleniza in einem rituellen Feuer verbrannt – man verabschiedet sich von der Butterwoche. Aber natürlich nicht von den Bliny. Diese runden Pfannkuchen haben in der russischen Kultur einen Kultstatus und werden zu allen wichtigen Ereignissen des Lebens zubereitet und gegessen. Sie sind auch ein nicht wegzudenkender Bestandteil des Leichenschmauses. Mit ihnen sind viele Volksglauben, Überlieferungen und Sprichwörter verbunden. „Der erste Blin wird zum Klumpen“, sagen die Russen, wenn etwas nicht klappt: „Aller Anfang ist schwer“. Aber bei der nächsten Masleniza wird es garantiert gelingen.

[Daria Boll-Palievskaya/russland.NEWS]

 

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