In seinem Buch „Irkutsker Skizzen“ verarbeitet der Autor Raimond Dittrich Reiseerfahrungen und Kenntnisse, die er über die Stadt seit 2006 auf zahlreichen Reisen gesammelt hat.
Ein Reisebericht ist das Buch aber eher nicht, auch wenn es sich beim Buch um eine immer wieder unterbrochene Schilderungen von Reiseerlebnissen handelt. Gerade diese Unterbrechungen sind in dem sehr kurzen Werk (unter 100 Seiten mit Anhang) aber derart umfangreich, dass sie dem Gesamtwerk den Charakter einer Reisebeschreibung vollends nehmen. Anekdoten, die treffend den russischen Alltag abseits von Moskau beschreiben, findet man demzufolge auch nur vereinzelt und wer so etwas sucht, ist bei den „Irkutsker Skizzen“ falsch.
Das Interesse des Autors gilt vielmehr der gehobenen Literatur, die in Irkuzk entstand, der ernsthaften Beschäftigung mit der Geschichte, Architektur und Kultur der Stadt. Das moderne, „konsumorientierte“ (Zitat) Russland interessiert Dittrich eher wenig. Die orthodoxe Religion, das Sibirien alter Tage, der Aufenthalt der verbannten Dekabristen, das sind eher Dittrichs Themen. Hier hat er sich aber eine fast unlösbare Aufgabe gestellt. Gerade das von ihm bearbeitete Gebiet kann man auf weniger als 70 Seiten kaum mehr als hier und da etwas ankratzen, ohne echte Zusammenhänge aufzuzeigen. Denn die letzten 30 Seiten sind purer Anhang und eine – zugegebenermaßen – sehr schöne Sammlung von Fotos. Die Tiefe beim tiefgründigen Themenschwerpunkt fehlt etwas. Unverständlich ist zudem, dass der Autor alle russischen Begriffe streng wissenschaftlich in die lateinische Schrift überträgt, was das Lesen für Russisch-unkundige Leser unnötig erschwert. Denn kaum jemand abseits von Linguisten weiß, wie er Laute wie č, ë oder š auszusprechen hat und es gibt einfachere Möglichkeiten, Mitteleuropäern russische Begriffe zugänglich zu machen. Etwa, wenn man vom Zaren Peter dem Großen anstatt Piëtr spricht.
Zusammenfassend ist das Buch ein lohnender Kauf für jene, die eine Reise nach Irkuzk planen und vor allem an den „klassischen“ Themen einer Bildungsreise interessiert sind. Oder sich aus anderen Gründen kurz über die kulturelle Tradition der Stadt informiert werden möchten. Hier bietet Dittrich tiefer gehende Informationen als ein purer Reiseführer oder andere Reiseberichte, ohne ausschweifend zu werden. Einen Einblick in den Irkuzker Alltag oder das moderne Leben der Stadt bietet sein Buch jedoch nicht.
Daten zum Buch: Raymond Dittrich, Irkutsker Skizzen – Reiseimpressionen, Engeldorfer Verlag Leipzig, 2013, ISBN 978-3-954884742
Roland Bathon / russland.TV
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