Kommt Ostukraine-Konflikt der Euromaidan-Regierung gelegen?

Ist die Euromaidan-Regierung der Ukraine an einer Deeskalation des Konfliktes im Osten des Landes und mit dem Nachbarn Russland interessiert? Berichte in unabhängigen ukrainischen Onlinemedien zeichnen ein sehr düsteres Bild der eigenen Regierung in dieser Beziehung und legen einen anderen Schluss nahe.

Kriegsberichte statt Kritik

Mit einer Befeuerung des Zwistes mit Moskau wolle das Euromaidan-Kabinett in Kiew laut einer Analyse der ukrainischen Online-News „Politnavigator“ vom Scheitern der eigenen Wirtschaftspolitik ablenken. Dazu komme eine stillschweigende Zensur der Medienlandschaft, die durch die Abschaltung der konträren russischen TV-Kanäle in den Kabelnetzen der Ukraine noch verstärkt wurde. Die Bevölkerung werde von den im Einheitsblock berichtenden Kiewer Massenmedien in einem stetige Klima der permanenten Hysterie gehalten, in einem Zustand zwischen Angst und Wut. Ein gleichförmiger Informationskrieg finde statt, geführt auch vom Oligarchen und Euromaidan-Präsidentschaftskandidaten Poroschenko, der selbst ein großes Medienimperium besitzt.

Verschwiegen wird in den großen Medien des Landes stattdessen der Rückgang der Industrieproduktion, der Anstieg der Arbeitslosigkeit und der sinkende Lebensstandard der Bevölkerung. Gegen diese hat die Euromaidan-Regierung kein wirkliches Konzept. Für interne Entwicklungen wird die Schuld nach außen projeziert, wie im Westen hat sich für den ukrainischen Mainstream vor allem Putin selbst zur Standart-Ursache für jedes Problem entwickelt, auch hausgemachte. Währenddessen ist die Krim abgeschnitten, das wichtiges Touristengeschäft an der Schwarzmeerküste des Festlandes dürfte 2014 gar nicht stattfinden, kurzfristige Investitionen in der instabilen Ukraine dürfte kaum ein ausländischer Unternehmer ernsthaft erwägen.

Manipulation durch Meinungsführer

Die von Poroschenko auf dem Maidan angekündigte Meinungsfreiheit scheint sich also offenbar eher auf eine Meinungsführerschaft weniger großer Mainstream-Medien zu beschränken, die manchem Mitteleuropäer gar nicht so unbekannt vorkommen dürfte. Zusätzlich fehlt bei den großen ukrainischen Medien jede demokratische Informationskultur.  Aus jedem unzufriedenen Ostukrainer werde laut „Politnavigator“ in der Berichterstattung ein „Separatist“, „Extremist“ oder gar ein „Terrorist“ gemacht. Die Inhalte der dortigen Proteste würden in den ukrainischen Medien nicht vermittelt, es werde nur fehlinformiert und eingeschüchtert. Ein Bild wie es so anders in den deutschsprachigen Mainstream-Medien nicht ist, wo man ebenfalls jeden Antimaidan-Demonstranten zum Extremisten stempelt, ohne zu unterscheiden, dass viele für eine Föderalisierung des Landes oder Verbesserung ihrer Lebensumstände kämpfen und nicht für einen Anschluss ihrer Heimat an Russland. Ein solcher ist selbst in der Hochburg des Antimaidan, dem Donbass und selbst nach Meldungen russischer Regierungsmedien eine Minderheitenposition.  Dennoch wird bei ARD und ZDF jeder Demonstrant unisono als „prorussisch“ bezeichnet. Die örtliche Bevölkerung solidarisiert sich jedoch nur, wenn es in Richtung Konfrontation mit Kiew gehr, lieber mit den eigenen Radikalen, als mit dem oft ungeliebten Euromaidan.

So ist das Bild der Euromaidaner im eigenen Land ganz anders, als bei den in Russland so kritikfreudigen Journalisten deutscher Mainstream-Medien, die aus der Ukraine immer noch nur das Lied von den Helden des Maidan singen. Vielleicht weil die Selbstzensur des neuen ukrainischen Mainstreams im Oligarchenbesitz der eigenen Schere im Kopf gar nicht zu unähnlich ist. Aus der Nähe und ohne Mauer im Kopf betrachtet sieht so mancher Held aber doch anders aus. Und nutzt einfach einen Konflikt mit außen, um von inneren Problemen abzulenken. Einer der ältesten Tricks der Politik überhaupt.

Foto: (c) EC Audiovisual Service 2014

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