Kommentar: Oligarchenkrieg im Donbass – Gefahr für Achmetow

[von Roland Bathon] Die vorgestern durch eine Großaktion des Euromaidan-treuen Oligarchen Achmetow begonnene Auseinandersetzungen im Donbass mit dem dortigen separatistischen Kräften waren unvermeidlich – und könnten ein böses Ende nehmen, vor allem für Achmetow selbst.

Macht und Antrieb des Oligarchen

Achmetow versucht den Herzenswunsch der Separatisten, die Bildung eines eigenen Donbass-Staates aktiv zu hintertreiben, indem er gegen dessen Führung sein gewaltiges Firmenimperium mit 300.000 Beschäftigten aufbietet – die Separatisten drohen im Gegenzug mit Zerschlagung und Verstaatlichung seines Eigentums nach Festigung ihrer Macht. Schon unter diesem Gesichtspunkt scheint eine weitere Eskalation wahrscheinlich. Aus anderen Gründen ist sie unvermeidbar.

Achmetows Firmenimperium ist eng verflochten mit Kiewer Banken und das Herz der meisten Firmen befindet sich im Donbass – zerbricht die ukrainische Einheit, zerbricht die Basis seiner Finanzmacht.  So stemmt er sich im Osten gegen den dortigen Mainstream – eine  vor allem gegen die aktuelle Euromaidan-Regierung bestehende Unzufriedenheit und versucht, eine solche gegen die Separatisten aufzubauen, indem er sie als alleinige Schuldige der dortigen Zuständen bezeichnet.

Das Volk im Fokus

In der Bevölkerung des Donbass sitzen viele zwischen den Stühlen – Misstrauen bis Hass gegen die Euromaidan-Regierung in Kiew und keine echte Begeisterung für eine endgültige und gewaltsame Loslösung von der Ukraine. Offen auf die Seite der Separatisten schlägt sich die normale Bevölkerung vor allem nur dann, wenn – wie bei Militäraktionen – die ukrainische Staatsmacht polarsiert nach dem Motto – sie oder wir. Dann stellen sich normale Bewohner vor die Panzer und Soldaten, denn im Zweifelsfall entscheidet man sich für die Radikalen aus den eigenen Reihen und gegen „die aus Kiew“. Auch wenn man weiß, dass die radikale Kompromisslosigkeit der separatistischen Führung zur Eskalation ebenso beigetragen hat wie die von Kiew angeordneten Militäraktionen. Denn während sich viele in der Bevölkerung mit einer Föderalisierung des Landes zufrieden geben würden, haben die radikalen Separatisten an einer solchen kein Interesse und setzen auf Kampf für totale Unabhängigkeit.

Achmetows Strategie – einmal nicht aufgegangen

Achmetow versucht nun, als „Mann aus dem Donbass“ genau diese „im Zweifelsfall Separatismus“-Positionierung der Bevölkerung mit Schlagworten wie  „wir wollen Frieden“ (wer will das nicht) aufzubrechen. Besonders gut gelungen ist ihm das beim ersten Anlauf vorgestern, vor allem angesichts seiner riesigen Macht, nicht. Ein weitgehender Ausfall der Aktionen in seiner „Hausmacht“-Stadt Mariupol und 300-400 Personen bei seiner zentralen Kundgebung im Stadion Donezk – da spielt es kaum eine Rolle, wie viele Menschen sich am begleitenden Hupkonzert oder den (von ihm als Arbeitgeber) angeordneten Arbeitsniederlegungen beteiligt haben. Örtliche Medien berichten auch von Unzufriedenheit gar nicht separatistisch orientierter Achmetow-Beschäftigter, die nicht als „Marionetten“ des Kampfs ihres Chefs fungieren wollen. Denn es ist nicht ihr Kampf.

Separatistische Wege – Gefahr für Achmetows Leben

Auch für die Separatisten gibt es keinen Weg zurück. Ein mit Kiew verflochtener Achmetow wird kaum einem Donbass-Staat Steuern zahlen und hat das im Prinzip auch schon erklärt. Und auch ein Donbass-Staat braucht Geld. Das könnte für Achmetow ganz schnell gefährlich werden – nicht nur finanziell. Denn in den Reihen der Separatisten gibt es eine ganze Reihe offener und bewaffneter antiukrainischer Nationalisten. Die könnten dem Leben des „Erzfeinds“ ihrer Bewegung ganz schnell ein physisches Ende bereiten, indem sie ihn erschießen. Für Extremisten eine überlegenswerte Alternative der Problemlösung.

Auch in seinen eigenen Firmen dürfte Achmetow eine ganze Reihe von „Maulwürfen“ der Separatisten haben, wie den heimlichen Handyfilmer seiner misslungenen Stadionaktion, die vorher  in den Westmedien so schön propagandistisch aufbereitet worden war. Denn die separatistische Bewegung ist in weiten Teilen auch eine „proletarische“, gerade unter Berg- und Industriearbeitern hat sie viele Anhänger, die sich schon freiwillig als Agitationsgruppen betätigt haben. Den Kampf um das mehrheitlich unentschiedene Volk – in dem sie selbst leben – dürften sie nicht so schnell aufgeben. Und erst nach einer harten Auseinandersetzung wird sich zeigen, ob die Finanzmacht oder Solidarisierung mit eigenen Radikalen die Oberhand gewinnt. Und Achmetow dann noch am Leben ist.

Roland Bathon – russland.RU; Foto: Wikimedia Commons

 

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