Kommentar: Lernt die ganze Geschichte

Max Reiter – Die Erinnerung an die Opfer des Stalinismus ist bitter notwendig. Bezugnehmend auf den Artikel von Eugen von Arb zum Tage der Erinnerung an die Opfer der sowjetischen Repressionen wurde mir ein grundlegender Unterschied zwischen den anderen Mitbürgern und mir bewusst. Ich bin am 30. Oktober  zufällig in Moskau an der Lubjanka vorbeigefahren. Falls hier ein Gedenken stattfand, habe ich es übersehen. Im Nachhinein  hatte ich den Eindruck den ich immer habe. Kaum Leute da, die sich für die stalinistischen  Gräuel in der Geschichte interessieren.

Dieser Teil der jüngeren Vergangenheit ist den Russen inzwischen eher peinlich. In etwa so, wie es mir peinlich war in der Schule über den unfassbaren Teil unserer deutschen Geschichte, von Judenvernichtung, Volksfeinden und den KZs zu lernen. Wir lernten auch die Gründe für die 2 Weltkriege und die Tatsache zu erkennen, mit wie wenig kollektiver Weitsicht ein Volk einem Führer in den Abgrund folgt. Es reicht ja das dieser die richtigen Worte und die “Schuldigen” für beliebige aktuelle Mieseren findet. An der Macht reicht ja dann die volle Härte der Gesetze um sich des kritischen Teils des Volkes zu entledigen.

Erst in Russland ist mir über lange Jahre nach und nach aufgefallen wie wichtig diese kritische Betrachtungsweise der eigenen Geschichte für das Selbstbewusstsein und den Umgang mit den sogenannten sogenannten Autoritäten ist. Das wir jetzt (wenn auch selten) unsere politischen “Anführer” unblutige aus dem Amt kegeln können, im Dorf, der Stadt, im Bundesland und in Berlin, ist ein wichtiges Gut.

Wer die Fehler der Vorfahren kennt schaut genauer hin

Hier in Russland lernt man in der Schule nur wie heldenhaft das Vaterland verteidigt wurde. Für das Leiden war Deutschland, der Kapitalismus oder eben die Volksfeinde verantwortlich. Die Verbrechen die Stalin und mit Ihm ein großer Teil der eigenen Bevölkerung an seinen Mitbürgern vollbracht hat sind nicht Teil der heutigen Identität. Alle Schandtaten der eigenen Vorfahren sind durch den Krieg überdeckt oder weißgewaschen worden.

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