[Von Eugen von Arb] Der Konflikt in der Ukraine zeigt nicht nur die kulturellen Risse zwischen Ost- und Westeuropa, sondern auch einen tiefen historischen Graben – jener zwischen dem Kalten Krieg und der Zeit danach. Bei allen zeigen sich die alten Ängste und Reflexe – im Verhalten und in der Rethorik. Alle reiben sich ungläubig die Augen und fragen sich, ob es wohl besser wäre, in die “guten alten schlechten Zeiten” zurückzukehren.
Diese Frage ist besonders aktuell in Russland, wo in den letzten Jahren wieder eine zunehmende “Sowjetisierung” zu spüren ist. Die Generationen, welche in der Sowjetunion aufgewachsen, gelebt und gearbeitet hat, bestimmen noch immer wichtige Teile des Lebens. Sie haben den Zerfall der Sowjetunion und die Neunzigerjahre meist als Katastrophe und Knick in Leben und Beruf erfahren. Von ihnen sind heute oft Sätze wie “Es war ja alles nicht so schlecht!” oder “Ich hatte eine glückliche sowjetische Kindheit!” zu hören.
Hingegen gibt es erst wenige junge Menschen, welche die postsowjetischen Jahre als etwas Positives wahrnehmen konnten, die gereist sind, im Ausland studiert haben und auch die materiell besseren Jahre nach der Jahrhundertwende erlebt haben.
Gleichzeitig sterben jene aus, welche die schlimmen Jahre von Weltkrieg und Stalinismus mitgemacht haben. Da Russland als Siegermacht es niemals nötig gehabt hat, sich kritisch mit seiner Vergangenheit auseinanderzusetzen, wird das Bild jener Zeit zunehmend verklärt, romantisiert und heroisiert.
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