Können wir Russland verstehen?

Russland gilt vielen als machthungriger Aggressor, der einen neuen Kalten Krieg anstachelt. Aber wie gut kennen wir das Land?

Martin Hoffmann, seit 2000 geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Deutsch-Russischen Forums in Berlin, erklärt im Interview mit Tobias Brunner von web.de, warum die Fronten so verhärtet sind und wie sich Moskau und der Westen wieder annähern können.

Wie gut verstehen wir im Westen Russland?

Martin Hoffmann: Ich bin mit dem Wort „Russland-Versteher“ nie glücklich gewesen. Ich hätte nie den Anspruch, Russland verstehen zu können. Übrigens habe ich auch nicht den Anspruch, Deutschland verstehen zu können.

Wie beurteilen sie die Kommunikation zwischen Russland und dem Westen?

Die Kommunikation ist sehr schlecht. Um das zu erklären, greife ich auf die Geschichte von den zwei Erzählungen zurück. Es gibt ein russisches Narrativ zur Krim-Krise und ein westliches Narrativ. Beide Erzählungen sind in sich absolut kohärent, logisch aufgebaut, sie sind in großen Teilen beweisbar, es gibt jeweils viele Zitate und Wissenschaftler, die angeführt werden. Aber eine geglückte Kommunikation würde jetzt darin bestehen, aus diesen beiden Erzählungen auszubrechen und sich zu überlegen: Wie kann eine gemeinsame Erzählung eines großen Europas lauten, damit es sowohl für die Ukraine als auch für den Zusammenhalt in Europa wieder aufwärts geht.

Zwei Geschichten – das wiederum spräche dafür, dass westliche Politiker Russland in einigen Punkten durchaus falsch verstehen?

Nein, das zeugt davon, dass sich jeder gar nicht mehr mit der Geschichte des anderen beschäftigt. Dass man nicht bereit ist, aus dem Diskurs auszubrechen – dem Diskurs darüber, wer Schuld hat. Stattdessen stagnieren wir seit Beginn dieser Krise in endlosen Schuldzuweisungen. Auf diese Art bewegen wir uns nicht von der Stelle.

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