Keine Russland-Farben am Brandenburger Tor

Die Identität des Selbstmord-Attentäters in der St. Petersburger U-Bahn steht nun offenbar fest – der 22jährige Akbarshon Dshalilow, russischer Staatsbürger kirgisischer Herkunft. Er soll es auch gewesen sein, der den zweiten Sprengsatz im St. Petersburger Metro-Knotenpunkt „Wosstania“ positioniert hatte. Das ergaben Videoaufzeichnungen und ein DNA-Vergleich. Weil die als Feuerlöscher getarnte Bombe in einer Tragetasche an der Wand lehnte und deshalb Argwohn erregte, konnte sie rechtzeitig entschärft werden.

Dshalilow lebte seit über sechs Jahren in St. Petersburg und hatte in dieser Zeit verschiedene Pässe, die hierzulande nach wie vor nicht so schwer zu beschaffen sind.

Dem kirgisischen und dem russischen Geheimdienst war der Koch in einem Sushi-Restaurant offenbar als radikaler Anhänger des Wahhabismus bekannt, einer salafistisch-sunnitischen Strömung, auf deren Prinzipien neben der Scharia der 16-Punkte-Katalog des IS basiert, der strenge Regeln für das öffentliche und private Leben vorschreibt. Ebenso sind die Ideologien von Al Qaida und den Taliban mit dieser Glaubensrichtung verwandt.

Aber auch im Fall dieses offensichtlichen „Gefährders“, sahen die örtlichen Behörden, ähnlich wie bei dem Berliner Attentäter Amri, wohl keinen ausreichenden Grund für eine gezielte Überwachung. Das dürfte in den kommenden Tagen noch einigen Staub aufwirbeln, ebenso wie die Tatsache, dass der junge Kirgise zwar als Einzeltäter gilt, sich aber praktisch vor der Nase der für die Terrorabwehr Zuständigen radikalisierte, nicht zuletzt durch den gezielten Einfluss von organisierten Kräften in seiner Umgebung. Anfang März war er zum letzten Mal bei seinen Eltern in seinem kirgisischen Heimatort Orsch, wo er auch eine Moschee aufsuchte.

Als erste Maßnahmen nach dem Anschlag  wurden die Kontrollen an den U-Bahnstationen und Verkehrsknotenpunkten verstärkt und auch die Videoüberwachung wird weiter ausgebaut. Das wird aber nicht ausreichen, um den Terrorismus im eigenen Land zu bekämpfen.

Paris, Nizza, Brüssel, Berlin und London haben gezeigt, dass der religiös motivierte, aber eigentlich machtpolitisch begründete Terror längst international geworden ist – auch aus Gründen, die der Westen und vor allem seine Führungsmacht zu verantworten haben.

Um wenigstens das Leben ihrer Bürger zu schützen, sind die Regierungen zur Zusammenarbeit verdammt, unabhängig von Differenzen in einzelnen Fragen. Da nimmt es sich schon eigenartig aus, dass der Berliner Senat beschlossen hat, anders als bei den Terroranschlägen in anderen Ländern, das Brandenburger Tor nicht in den Farben Russlands anzustrahlen, und zwar mit der fadenscheinigen Begründung, St Petersburg sei keine Partnerstadt von Berlin.

Der Terrorismus ist eine globale Erscheinung, stellte auch Außenminister Gabriel fest, die ein gemeinsames Vorgehen erfordert.

Aber auch das funktioniert nicht ohne Russland.

(Hartmut Hübner/russland.news)

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