Kaspersky Lab bei Twitter als Werbepartner unerwünscht?

Der Streit um mögliche Beziehungen des Antivirus-Spezialisten Kaspersky Lab zur russischen Regierung eskaliert weiter. Der Kurznachrichtendienst Twitter verbietet ab sofort jegliche Werbung des russischen Sicherheitssoftware-Herstellers. Das Geschäftsmodell des Unternehmens vertrage sich nicht mit den Werbevorschriften. Zugleich verwies am Freitag Twitter auf Vorwürfe der US-Regierung, wonach Kaspersky enge Beziehungen zu russischen Diensten unterhalte.

Der Streit mit den USA schwelt bereits seit vielen Monaten. Laut Washington kann die Software des Unternehmens russische Spionage ermöglichen. Im September 2017 hatten die USA deswegen Kaspersky-Software aus ihren Behörden verbannt, wogegen das in Moskau gegründete Unternehmen gerichtlich vorgeht.

Kaspersky Lab hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen und wiederholt beteuert, weder Beziehungen zu Regierungen zu unterhalten noch Hilfestellung bei Cyber-Spionage zu leisten. Das Unternehmen verfolge ein in der IT-Branche übliches Geschäftsmodell und unterscheide sich nicht wesentlich von anderen Unternehmen in dem Bereich. Die Sperrung durch Twitter sei eine ungerechtfertigte Einschränkung der Meinungsfreiheit des Unternehmens. Twitter verstoße damit gegen die eigenen Standards, in denen es heißt, dass das Unternehmen eine Stimme gegen die Mächtigen sei.

Erst vor zwei Wochen hatte sich das Verhältnis zwischen USA und Kaspersky erneut verschlechtert. Regierungsvertreter der USA warfen dem russischen Sicherheitsanbieter vor, mit einer Malware-Analyse eine seit sechs Jahren laufende Geheimdienstaktion gestört zu haben.

Auf ihrer steten Suche nach Schädlingen im weltweiten Netz war den Sicherheitsexperten von Kaspersky ein Spionage-Programm Slingshot ins Visier geraten. Damit lassen sich Router in Internetcafés befallen und, gut vor Entdeckung durch Sicherheitstools geschützt, Rechner von Personen infizieren und überwachen, die Geheimdienstler dem Unterstützerumfeld von Terroristen zuordnen.

Bei der ersten Analyse hatte Kaspersky keine Vermutungen über die Hintermänner der Malware geäußert und nur mitgeteilt, dass die Autoren der Malware englischsprachig sind und über große Ressourcen verfügen. Dass Kaspersky die Spionagesaftware Slingshot in Ländern wie Afghanistan, Jemen, Irak, Jordanien, Türkei, Lybien, Sudan, Kenia oder der Republik Kongo entdeckt hat, lenkte den Verdacht auf US-Geheimdienste. Damit lagen die Sicherheitsexperten nicht falsch, wie nun das Magazin Cyberscoop berichtet, wurde «Slingshot» vom US-Militär zur Überwachung der Terrororganisationen Islamischer Staat und Al Kaida entwickelt. Mit der Bekanntmachung hat Kaspersky diese Überwachungsmaßnahmen empfindlich gestört. US-Vertreter erklärten gegenüber CyberScoop, dass „diese Veröffentlichung niemandem geholfen habe”.

Ob die Bekanntmachung der brisanten Ergebnisse eine Retourkutsche war, oder o b das IT-Sicherheitsunternehmen die Malware unwissentlich veröffentlicht hat, ist unklar. Allerdings dürfte die Veröffentlichung das Klima zwischen dem russischen IT-Anbieter und der US-Regierung nicht verbessert haben. In dieser vergifteten Atmosphäre konnte sich Twitter nicht dem Druck der US-Behörden entziehen und musste Kaspersky ohne konkrete Regelverstöße die Werbung bei Twitter verbieten. Dabei geht es um vergleichsweise geringe Summen. Man habe im Jahr 2017 rund 93.000 US-Dollar für Werbeanzeigen ausgegeben.

Nun bat Firmengründer Eugene Kaspersky in einem am Freitag an Twitter geschickten Offenen Brief, der nach Deeskalation klingt, Twitter möge die Werbesperre überdenken.

„Liebe Twitter-Manager, bitte seien Sie so freundlich und teilen Sie uns die Überlegungen hinter dieser Sperre mit. Erklären Sie umfassend die Entscheidung, uns von der Werbemöglichkeit auszuschließen, und legen Sie dar, was andere IT-Sicherheitsfirmen tun müssen, um ähnliche Situationen zu vermeiden. … binnen vernünftiger Frist, bitte.“

Das Motto, dass er seinem langen Brief voranstellt, stammt aus der US-amerikanischen Fantasy-Fernsehserie Game of Thrones. Spielerisch gibt es die gereizte Stimmung treffend wieder: „Wenn du einer Person die Zunge ausreißt, beweist du nicht, dass sie ein Lügner ist. Du zeigst der Welt nur, dass du Angst vor dem hast, was sie sagt.“

[hub/russland.NEWS]

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