Juschtschenkos Mythen

[german-foreign-policy.com] Mit einer öffentlichen Gedenkveranstaltung haben am letzten Wochenende mehrere hundert Menschen im westukrainischen Lwiw der Gründung der Waffen-SS-Division „Galizien“ gedacht.

Die Veranstaltung setzt die sich neu verdichtende Tradition ähnlicher SS-Ehrungen auch in anderen Städten der Westukraine fort, an denen sich mehrmals Politiker der Regierungspartei Swoboda beteiligt haben. Die SS-Ehrungen knüpfen an das Erstarken des Kultes um die früheren NS-Kollaborateure von der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) und der Ukrainischen Aufstandsarmee (UPA) an, den der 2005 ins Amt gekommene ukrainische Präsident Wiktor Juschtschenko systematisch gefördert hat. Juschtschenko, prowestlich, eng mit Berlin kooperierend, habe ab 2005 „eine umfassende historische Mythenbildung in der Ukraine“ betrieben, berichtet der Historiker Per Anders Rudling (Lund University) im Gespräch mit german-foreign-policy.com. Dazu habe „ein umfangreicher Kult zugunsten der OUN, der UPA“ und ihrer Führer, insbesondere Stepan Bandera, gehört. Juschtschenko sei damit auf Protest gestoßen – in der Ost-Ukraine und in Polen, das mehr als 90.000 Opfer des UPA-Terrors zu beklagen hatte. Berlin hingegen ließ Juschtschenko aus geostrategischen Gründen gewähren – und leitete ab Anfang 2012 sogar selbst eine immer engere Zusammenarbeit mit den OUN-Verehrern von der Partei Swoboda ein. Absehbares Ergebnis: Die forcierte Spaltung der Ukraine.

„Nationale Befreiungsbewegung“

Die aktuelle Stärke des Kults um Bandera, die OUN und die UPA ist in beträchtlichem Maße ein Ergebnis der Geschichtspolitik des früheren ukrainischen Präsidenten Wiktor Juschtschenko. Dies bestätigt der Historiker Per Anders Rudling (Lund University) im Gespräch mit german-foreign-policy.com. „Als Juschtschenko Präsident wurde, leitete er eine umfassende historische Mythenbildung ein“, berichtet Rudling: Zum einen habe er „die Darstellung der Hungersnot in der Ukraine von 1932/33 als absichtlich herbeigeführter Genozid an der ukrainischen Bevölkerung“ gefördert, „dem angeblich bis zu zehn Millionen Ukrainer zum Opfer gefallen seien“; zum anderen habe er „einen umfangreichen Kult zugunsten der OUN, der UPA“ und ihrer Führer unterstützt, die er als „nationale Befreiungsbewegung“ habe darstellen lassen. Der Verbreitung dieser Mythen widmeten sich insbesondere das von Juschtschenko 2005 geschaffene „Institut des Nationalen Gedenkens“ sowie das Archiv des ukrainischen Inlandsgeheimdienstes, dem Juschtschenko eigens propagandistische Aufgaben übertragen hatte.

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