In Moskau sollen Smartphones die Verkehrsüberwachung steuern

In Moskau sollen Smartphones die Verkehrsüberwachung steuern

Das Moskauer Rathaus entwickelt ein System zur Überwachung des Personenverkehrs mit der direkten Erfassung von Daten aus Geräten, ohne Informationen von Telekommunikationsbetreibern zu verwenden. Innerhalb eines halben Jahres sollen an 220 Haltestellen im öffentlichen Verkehrsraum Hardware-Software-Systeme aufgestellt werden, wie aus den Ausschreibungsunterlagen hervorgeht.

Das System funktioniert in Verbindung mit Überwachungskameras, die Daten über die Gesamtzahl der Passanten vor Ort übertragen. Es ermöglicht die Erfassung und Verfolgung der, bei der Produktion jedem Gerät zugewiesenen, MAC-Adressen von Geräten mit aktivierten Bluetooth- und Wi-Fi in einem Umkreis von fünfzig Metern. Diese Systeme generieren Berichte über die Bewegungen eines einzelnen Geräts in den letzten Stunden, Tagen, Wochen, Monaten und Jahren.

Dem Büro des Bürgermeisters wird das neue System ermöglichen, unabhängig von Anfragen bei Mobilfunkbetreibern detaillierte und relevante Informationen über die Bewegung von Fußgängern, Passanten und Passagieren zu erhalten. Alle gesammelten Daten werden von der Moskauer Abteilung für Informationstechnologie zentral gespeichert und zur Erstellung von Personenverkehrskarten in der Hauptstadt benutzt.

Daten über den städtischen Personenverkehr werden auch von anderen Systemen erfasst, zum Beispiel bei Drehkreuzen, bei denen Transportkarten „gedreht“ werden, die jedoch nicht den weiteren Weg einer Person in der U-Bahn anzeigen. Das neue System kann eine bessere Analyse durchführen. Wi-Fi und Bluetooth sind ständig bei maximal 30 Prozent der Smartphone-Besitzer aktiviert.

Das Projekt beruht auf Erfahrungen aus Singapur, London und Berlin erstellt und sieht nicht die Erfassung persönlicher Daten vor. „Ziel ist es, die Qualität der Fußgängerbewegungen und den städtischen Verkehrsfluss zu maximieren“, so der Pressedienst des Zentrums für Verkehrsmanagement (TSODD) der Moskauer Regierung, die für das System bisher 155 Millionen Rubel (ungefähr 1,7 Millionen Euro) ausgeben hat.

Bei ihren Bemühungen, den Menschenfluss durch die Stadt zu verwalten und zu überwachen, haben Moskauer Beamte mit mobilen Apps, QR-Codes und Telefon-Hotlines experimentiert. Viele dieser Systeme haben ältere Menschen verwirrt, die Bediener überfordert und die meisten frustriert. Mit der neuen weniger aufdringlichen Technologie will man den Verkehrsfluss stillschweigend verfolgen, indem Hintergrundverbindungen mit zufälligen Mobilgeräten protokolliert werden.

Stanislaw Selesnew, Anwalt der Menschenrechtsgruppe Agora, sagt, Moskaus Plan zur Überwachung des Verkehrsflusses durch Verfolgung von MAC-Adressen stehe weitgehend im Einklang mit der Erklärung des Europarates vom April 2020 zum Datenschutz bei der Kontaktverfolgung während des Coronavirus-Pandemie. Er habe aber Bedenken hinsichtlich der Sicherheit der Moskauer Datenspeicherung.

Die MAC-Adresse eines jeden Smartphones kann vom Benutzer geändert oder per System randomisiert werden.

[hrsg/russland.NEWS]

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