„Ich habe einen starken Widerspruchgeist“ – Erfolgsdesignerin Alisa Ruban über die russische Frau und die russische Mode

„Ich habe einen starken Widerspruchgeist“ – Erfolgsdesignerin Alisa Ruban über die russische Frau und die russische Mode

Die Marke Ruban der Schwestern Alisa und Julia Ruban ist eine der Lieblingsmarken der russischen Fashionistas. Zum 8. März sprach russland.NEWS mit Alisa über Mode, Frauen und Business.

Als Sie Ihre Marke 2011 auf den Markt brachten, waren Sie in der Tat Pionierinnen der russischen Mode. Man könnte sagen, dass Sie alles Learning by Doing gemacht wurde. Oder ist das nur eine Legende?

Es war ein dorniger, aber cooler Weg. Ich habe buchstäblich in einem Halbkeller-Atelier angefangen. Ich hatte eine Schneiderin, die zwar perfekt nähen konnte, aber auch dem Alkohol zugetan war. So habe ich angefangen, damals noch ohne meine Schwester. Dafür weiß ich aber, wie man Knöpfe annäht, wie man mit Leder arbeitet. Wenn man mir einfach nur Geld für das Geschäft gegeben hätte, wäre es nicht so toll gewesen.

Sehr bald wurden Ihre Kleider von bekannten Frauen in Russland getragen. Was hat sie speziell an Ruban-Kollektionen gereizt?

Vor elf Jahren, als wir anfingen, war in Russland noch alles anders. Es gab keinen Massenmarkt für Mode, keine originellen Designer, und es gab nur große Modehäuser. Mir wurde angeboten, nur Sweatshirts oder T-Shirts zu machen, aber ich wollte sofort Mäntel nähen. Ich habe einen starken Geist des Widerspruchs, und ich bin immer den Weg des Komplizierteren gegangen, und das erregt Aufmerksamkeit. Die Handarbeit, die Applikationen auf dem Leder – das war damals alles absolut neu.

Und wie würden Sie Ihren Stil definieren? Wer ist sie, die Frau, die Ruban trägt?

Das ist eine junge Frau, die reif geworden ist. Mit ihrer Kleidung will sie niemandem etwas beweisen. Sie kann morgens in Jeans herumlaufen und abends ein Kleid mit Federn tragen. Weil ihr danach ist. Diese Frau ist aufgeschlossen und hat einen Kern. Denn die innere Reife kann mit dreißig kommen, oder sie kann nie kommen. Lassen sie eine Frau sein, was sie sein will. Selbst wenn sie selbst kein Geld verdient, was soll’s. Julia und ich haben ein erfolgreiches Geschäft, wir haben unsere eigene Produktion und expandieren sogar trotz der Pandemie. Aber wenn ich zum Beispiel morgen heirate, werde ich mir nicht mit der Faust auf die Brust schlagen und schreien, dass ich mein eigenes Geld verdiene.

Und hier kommen wir nahtlos zum Thema „Selfmade Women“. Hat eine Frau, die ihren Weg im Business eingeschlagen hat, in Russland irgendwelche Vorteile gegenüber einem Mann? Oder ist es andersherum, dass sie nicht ernst genommen wird?

Ich habe nie wirklich darüber nachgedacht, aber ich höre die Leute oft darüber tratschen, woher unser Geld kommt und wer von uns einen reichen Mann hat, ich oder meine Schwester (lacht). Es scheint mir, dass viele Menschen diese Idee irgendwie in ihren Köpfen verankert haben. Am Anfang hat niemand unser Geschäft wirklich ernst genommen, nach dem Motto, die Mädchen albern ja nur herum. Aber wenn ich mit der Produktion zu tun habe, und wir haben Fabriken in ganz Russland, habe ich keine Probleme mit Männern.

Die Pandemie hat die Einstellung zur Mode grundlegend verändert. Schließlich gibt es jetzt keine Notwendigkeit für formelle Anzüge oder Abendkleider, wenn jeder online arbeitet.

Wir haben eine zweite Linie, in der wir T-Shirts, Jeans und bequeme Jacken anbieten. Aber ich lasse mir einen Teil für Kreativität, wo ich mache, was ich will. Frauen wollen wieder schön sein. Daran glaube ich. Der offensichtliche Trend ist, dass es immer weniger Kleidung geben wird, die keinen bestimmten Zweck erfüllt, bloß ein Kleid oder nur eine Jeans. Das heißt, es wird Dinge für bestimmte Anlässe geben.

Die russische Frau will immer schön sein. Wie sieht sie für Sie aus, diese russische Frau?

Dieses Phänomen ist unmöglich zu erklären. Es scheint mir, dass es kein Land gibt, in dem es einen solchen Unterschied zwischen der Hauptstadt und dem Hinterland gibt wie in Russland. Ich kann also nur von einer Moskauerin sprechen. Also, alle Moskauerinnen sind schön und äußerst gepflegt, aber auch sehr zäh. Keine Frau auf der Welt ist in der Lage, sich das, was sie braucht, so aus dem Leben zu nehmen, wie sie es tut. Eine Art unauslöschliche Überlebensfähigkeit zeichnet sie aus, glaube ich. Und außerdem sucht sie nicht nach geraden Linien. Sie hat immer Halbtöne.

Teilen Sie unseren Lesern mit, was sie in der Frühjahr-Sommer-Saison 2021 erwartet? Welche Trends werden in Mode sein?

Wissen Sie, eigentlich ist der schlimmste Trend zu versuchen im Trend zu sein. Alles muss individuell sein. Ich kann also Ihnen nur sagen, was ich persönlich als Modedesignerin gerne hätte. Für die Sommersaison 2021 habe ich mich für das Korsett entschieden, weil es die Weiblichkeit so schön betont. Ich mag auch Spitze und Federn. Was die Farben angeht, so wähle ich verschwommene, warme Töne – puder, fast rosa, aber, seltsam genug, auch schwarz.

[Daria Boll-Palievskaya/russland.NEWS]

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