Halt!

Täglich sterben viele Menschen in der Ostukraine. Soldaten wie völlig Unbeteiligte, sogar Kinder. Hunderttausende Menschen sind auf der Flucht. Weitere hunderttausende haben seit einer Reihe von Tagen weder Elektrizität, noch Leitungswasser. Seuchen drohen, bei einer zusammenbrechenden Gesundheitsversorgung. Bei Straßenkämpfen in Donezk und Luhansk könnten weitere hunderte, ja tausende Menschen sterben.

Darüber hinaus sind der Westen und Russland in einer Eskalationsspirale gefangen. Die russische Wirtschaft wird darunter viel stärker leiden als unsere. Aber auch in Deutschland werden zehntausende Menschen arbeitslos werden. (Zu den Sanktionen s. http://www.cwipperfuerth.de/2014/06/russland-und-die-sanktionen-teil-1/; http://www.cwipperfuerth.de/2014/06/russland-und-die-sanktionen-teil-2/;

http://www.cwipperfuerth.de/2014/07/eu-gegen-russland-scharfe-sanktionen/)

Der Westen und Russland reden nicht miteinander, sie überziehen sich mit „Strafmaßnahmen“. Auf die Härte der einen Seite reagiert die andere mit Empörung und Gegenmaßnahmen. Und umgekehrt.

Vor diesem Hintergrund haben Prof. Dr. Klaus Segbers (FU Berlin) und ich am 7. August an einer Live-Videodiskussion mit vier russischen Kollegen teilgenommen, die sich in Moskau befanden. (Sie können die Veranstaltung unter http://pressria.ru/pressclub/20140807/949447810.html sehen und auf Russisch hören.)

Die Stellungnahmen und Wortwechsel waren von Vorwürfen geprägt. Der Ansicht Professor Segbers konnte ich in vielen Punkten zustimmen, den Gegenangriffen der russischen Kollegen allerdings auch. Ich habe versucht, auszugleichen. Leider ohne Erfolg.

Ich bin fest davon überzeugt: Es geht jetzt nicht darum, „wer Recht hat“. Es darf jetzt nicht darum gehen, klarzustellen, „wer angefangen hat“ oder größere Schuld trägt für diese gefährlichste europäische Krise seit Jahrzehnten. – Es sind natürlich jeweils „die anderen“ … – Wir dürfen uns nicht darauf konzentrieren, wie wir die andere Seite möglichst schmerzhaft treffen können. Wir müssen unsere Kraft und Phantasie darauf verwenden, wie wir aus dieser Situation herauskommen. Sie droht, völlig außer Kontrolle zu geraten.

Im Westen und in Russland herrscht die Ansicht vor, Weiß und Schwarz seien sehr eindeutig zuzuordnen. Dieser Ansicht bin ich nicht, wie ich in den vergangenen Monaten wiederholt dargelegt habe. (S. z.B.

http://www.cwipperfuerth.de/2014/02/streit-um-die-ukraine-berlin-bruessel-und-moskau-muessen-miteinander-reden-nicht-uebereinander/;

http://www.cwipperfuerth.de/2014/02/nur-verhandlungen-und-kompromisse-koennen-der-ukraine-helfen-nicht-einseitige-schuldzuweisungen/;

http://www.cwipperfuerth.de/2014/03/was-jetzt-getan-werden-muss/;

http://www.cwipperfuerth.de/2014/03/russland-die-ukraine-und-der-westen-weitere-verschaerfung-oder-rechtzeitige-umkehr/;

http://www.cwipperfuerth.de/2014/03/sanktionen-gegen-russland-sind-eine-sackgasse/.) Darum halte ich einen Durchbruch durch Verhandlungen für möglich. – Welche andere Alternative gibt es? Den anderen „zwingen“?

Die Videokonferenz war eine deprimierende Erfahrung für mich. Ich sehe mich jetzt noch stärker in der Pflicht, zu handeln. In den nächsten Tagen werde ich Vorschläge unterbreiten, wie wir aus der Spirale von Gewalt und Sanktionen heraus finden könnten. Hierfür werde ich aktiv und nachdrücklich werben. So gut ich es vermag.

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