Gravierendes Rentiersterben in Sibirien

Die alarmierende Meldung lag passend zur Weihnachtszeit auf den Schreibtischen der Redaktionen: Der Rentierbestand in den arktischen Regionen Sibiriens ist durch gezielte Wilderei bereits stark dezimiert. Laut dem World Wild Fund for Nature, kurz WWF, sei die Hälfte der wild auf der Taimyr-Halbinsel lebenden Tiere bereits verschwunden. Und es handelt sich hier nicht nur um eine Handvoll.

„Die Tiere werden in großen Zahlen wegen ihrer Geweihe und Zungen gewildert. Wir finden immer wieder wahre Schlachtfelder an getöteten Rentieren“ berichtet Eva Klebelsberg, die Referentin der Tierschutzorganisation für die arktischen Regionen in Russland, fassungslos. Der größte Markt für die Exemplare befindet sich ihr zufolge in China. Dort werden Teile der Rentiere unter anderem in der traditionellen Medizin verwendet.

Die erbeuteten Tiere würden meist qualvoll verenden, heißt es bei der in der Schweiz ansässigen Stiftung. Den Rentieren werde das stark durchblutete junge Geweih oft bei lebendigem Leib abgeschnitten, um es weiter zu verarbeiten. Die Zunge hingegen gelte in vielen anderen asiatischen Ländern als besondere Delikatesse.

Jährlich werden 80.000 bis 100.000 Rentiere getötet, so dass die Population auf der sibirischen Taimyr-Halbinsel im Nordpolarmeer von einst 800.000 Tieren im Jahr 2000 mittlerweile auf 400.000 wildlebende Exemplare geschrumpft sei. Angaben seitens der Behörden gibt es dazu noch nicht.

Zu geringe Strafen für Wilderei

Das Problem mit der Wilderei ist jedoch hier auf dem nördlichsten kontinentalen Festlandteil der Erde ebenso wie im restlichen Sibirien bekannt. Erst vor kurzem sind drei Mitarbeiter der Forstbehörde in der Region Primorje am Pazifik zu je 200.000 Rubel, das sind umgerechnet rund 3.000 Euro, Strafe verurteilt worden, wie die Nachrichtenagentur Ria Nowosti berichtete. Die Dunkelziffer der Wilderer dürfte jedoch erschreckend hoch sein.

„Wenn wir die illegale Jagd nicht bald bremsen, könnte die Zeit der riesigen Rentierherden in Nordsibirien bald vorbei sein“, sagt Eva Klebelsberg und erklärt, dass die wilden Herden eine wichtige Rolle für das Ökosystem der Tundra spielen. Jeden Winter sammeln sich viele tausend Rentiere, um gemeinsam die Wanderung über enorme Strecken zu den Winterweiden anzutreten. Diese riesigen Herden werden dann zum Ziel der Wilderer.

Um der systematischen Ausrottung der Rentiere entgegenzuwirken, setzt sich der WWF in Kooperation mit den für dieses Gebiets zuständigen Wildhütern für den Schutz der Tiere ein. Gemeinsam fordern sie weit höhere Strafen für Wilderei und wollen die Überwachung forcieren. Die größten Probleme sind im Moment jedoch noch mangelnde Mobilität und die fehlenden Kommunikationsmittel, wie es heißt.

Etwa 46.000 Euro würden benötigt, um die Anschaffung von Schneemobilen mit Anhängern, Satellitentelefonen sowie GPS-Halsbändern zur Ortung der Rentiere zu unterstützen. Da passt der Spendenaufruf des WWF gerade recht zur Weihnachtszeit.

[mb/russland.NEWS]

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