Gorbatschow öffnet sich in seinem neuen Buch

Moskau – Der letzte sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow bedauert das Ende der Sowjetunion. „Ich bedauere noch immer, dass es mir nicht gelungen ist, das Boot, an dessen Steuer ich stand, in einen guten Hafen zu fahren“, schreibt der 81-Jährige in einem neuen Buch, das am Dienstag vorgestellt wurde. Er fühle sich schuldig, die Sowjetunion nicht rechtzeitig reformiert zu haben. Auch die Kommunistische Partei sei nicht in eine moderne demokratische Partei umgewandelt worden. „Das waren die beiden größten Fehler“, schreibt der Vater der sowjetischen Öffnungspolitik Ende der 80er Jahre.

Aber auch dem Westen weist Gorbatschow einen Teil der Verantwortung zu. Vor allem die USA hätten seinen Rivalen Boris Jelzin unterstützt, kritisiert Gorbatschow, der 1990 den Friedensnobelpreis erhalten hatte. Nach dem Putsch vom August 1991 hatte der damalige russische Präsident Jelzin der sowjetischen Regierung Ende des Jahres 1991 den Todesstoß versetzt.

Gorbatschow hat in diesem Buch aber auch die Liebesgeschichte mit seiner Ehefrau Raissa offengelegt. „Als Raissa noch lebte, sagte ich oft halb scherzend, halb ernst, dass sie Glück habe mit ihrem Ehemann – sie war anderer Meinung: dass ich Glück hätte mit meiner Frau“, schreibt Gorbatschow in dem Buch, das er am Dienstag in Moskau vorstellte. Gorbatschow betonte stets, dass die Liebe zu seiner Frau die treibende Kraft in seinem Leben gewesen sei und er in tiefe Trauer verfiel, als sie 1999 an Leukämie starb.

Die Liebesgeschichte begann aber nicht reibungslos, wie der 81-Jährige schreibt. Er und Raissa lernten sich an der staatlichen Universität Moskau kennen, wo sie ihm zunächst nur wenig Aufmerksamkeit schenkte. „Ich dachte ich verliere den Verstand. Ich wollte Raissa sehen und überall dort sein, wo sie war“, schreibt der Ex-Staatschef. Raissa habe jedoch gerade erst eine schmerzliche Trennung hinter sich gehabt und habe nicht mit ihm ausgehen wollen. Er habe ihr dann ein Liebesgeständnis gemacht. Den ersten Kuss gab es in einem Moskauer Park, wo die beiden in einem See schwammen und plötzlich ein Gewitter aufzog.

Bereits damals habe Raissa sich von den anderen Studentinnen unterschieden, etwa durch ihre Liebe für schöne Kleidung. „Sie hatte eine natürliche aristokratische Ausstrahlung, sie war ein Mensch mit einem ausgeprägten Sinn für ihre eigene Geltung“, schreibt Gorbatschow. Auch später, als er Präsident war, sei der Dialog mit seiner Frau nie abgebrochen. Ihren Tod habe er nur schwer verkraftet und sich noch nie so allein gefühlt, schreibt Gorbatschow, der die Öffnung der Sowjetunion Ende der 80er Jahre veranlasst hat, und der 1990 den Friedensnobelpreis erhielt.

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