Gorbatschow: Ende des Kalten Krieges ein gemeinsamer SiegGorbatschow bild gorbatschow-fond

Gorbatschow: Ende des Kalten Krieges ein gemeinsamer Sieg

Stefan Aust, Herausgeber der Zeitung Welt am Sonntag, interviewte den ehemaligen sowjetischen Präsidenten anlässlich des 30-jährigen Jubiläums des Falls der Berliner Mauer.

Das Ende des Kalten Krieges war ein gemeinsamer Sieg, aber der Westen erklärte sich zum Gewinner, ohne darüber nachzudenken, wie er in Russland wahrgenommen werden würde, meint der ehemalige Sowjetpräsident Michail Gorbatschow in dem Interview, aus dem am Montag Auszüge von der Gorbatschow-Stiftung veröffentlicht wurden. Darin erinnerte der Friedensnobelpreisträger an seine Jugend und an den Kalten Krieg und erklärte besorgt zu sein wegen der Folgen des neuen Wettrüstens und über den aktuellen Stand der russisch-deutschen Beziehungen.

„Das Ende des Kalten Krieges war unser gemeinsamer Sieg, aber westliche Politiker, insbesondere die der Vereinigten Staaten, erklärten sich zu Gewinnern. Sie trompeteten überall darüber. Gleichzeitig haben wir nicht darüber nachgedacht: Wie wird es in Russland von den Russen wahrgenommen werden, die so viel getan haben, um den Kalten Krieg und das Wettrüsten zu beenden. Und wie es sich auf die Politik und die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen auswirken wird – darüber wurde auch nicht nachgedacht“, sagte Gorbatschow.

Er kritisierte, dass der Westen begann so zu tun, als ob ihm alles erlaubt wäre – „ohne die Erlaubnis des UN-Sicherheitsrates Gewalt anzuwenden, internationale Verträge zu verletzen, eigene Bedingungen durchzusetzen…. Anstatt eine neue gemeinsame Sicherheitsarchitektur zu schaffen, ist Europa den Weg der NATO-Erweiterung gegangen und hat dieses Bündnis zum Garanten der Sicherheit auf unserem Kontinent und darüber hinaus erklärt“, sagte der ehemalige Präsident der UdSSR. „Insgesamt müssen wir feststellen, dass die westlichen Politiker den Prüfungen der neuen Ära nicht standgehalten haben. Dies sind die Ursache und der Grund für die aktuellen Probleme.

Gorbatschow glaubt jedoch, dass jetzt in Europa „einige Politiker anfangen, ernsthaft zu erkennen, dass Versuche, Russland zu isolieren, allem schadet, was gemeinsam getan werden muss, um einen Ausweg zu finden, den allen Seiten akzeptieren. Deutschland kann und sollte einen wesentlichen Beitrag zu diesem Prozess leisten“, so der Friedensnobelpreisträger.

Gorbatschow stellte fest, dass „auf dem Weg zu tief greifenden Reformen“ die damaligen sowjetischen Behörden alles daran gesetzt haben, „den Planeten von der Bedrohung durch einen nuklearen Holocaust zu befreien“. … „Unsere Schritte zur Abrüstung, unsere offene Bewegung von der Feindschaft hin zur guten Nachbarschaft waren zunächst überraschend, dann gab es die äquivalenten Schritte unserer Partner. Zum ersten Mal seit vielen Jahren war das Vertrauen in die internationalen Beziehungen überall dominierend geworden.“

Gorbatschow forderte „nach vorne, nicht zurück“ zu schauen in den internationalen Beziehungen und nicht nostalgisch sich nach „sicheren und verständlichen“ Zeiten des Kalten Krieges zu sehnen. Es gibt viele Probleme und Herausforderungen. Es ist notwendig, die Massenvernichtungswaffen loszuwerden, ein neues Wettrüsten zu verhindern, das Klima und die Umwelt zu schützen, die Probleme von Armut und Ungleichheit zu lösen. Und all das kann getan werden, aber es kann nur gemeinsam geschehen, indem man sich zusammenschließt. Das ist die größte Herausforderung der heutigen Zeit“, betonte er.

In Bezug auf die Wiedervereinigung Deutschlands stellte er fest, dass er seine Aufgabe darin sah, „dass der Prozess der Annäherung und Vereinigung, höchst emotional ohne jegliche „Explosionen“ mit unvorhersehbaren Folgen verläuft, wie die Deutschen sagen, „unter den Bedingungen des Friedens“. „Es ist so gelaufen und darauf kann ich stolz sein“, betonte Gorbatschow.

[hrsg/russland.NEWS]

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