Goldschmiedetradition in Russland

1719 veröffentlichte der russische Kaiser Peter der Erste einen Erlass, laut dem der Staatsschatz in ein besonderes Magazin gebracht wurde, das Renterei (Schatzamt) genannt wurde. Unter Katharina II. kam Schmuck mit Diamanten in Mode: Ohrringe, Schuh- und Gürtelschnallen, Knöpfe, Manschettenknöpfe, Armbänder, Schleifen, Blumensträuße, Tabakdosen, Kämme usw. Häufig wurden Diamanten in Verbindung mit farbigen Steinen eingesetzt. Katharina die Große hat den Bestand an Schmuckartikeln wesentlich ausgebaut, und sie gehören heute zum Diamantenfonds für Edelmetalle und Edelsteine des Moskauer Kreml. Die Exposition stößt bei Touristen auf beständiges Interesse. Ausgestellt sind hier nicht nur antike, sondern auch moderne Erzeugnisse von den Wettbewerben, welche die russische Schatzverwaltung Gochran als der Nachfolger des von Zar Peter gegründeten Schatzamtes seit 2000 durchführt.

„Der Wettbewerb ‚Russland. 21. Jahrhundert‛ soll auf der einen Seite bei den Kunden Interesse an russischen Schmuckartikeln wecken, auf der anderen es den russischen Künstlern ermöglichen, ihre Ideen mit Hilfe von Metall und Juwelen auszudrücken“, sagt der Leiter des russischen Gochran, Andrei Jurin. „Es muss nicht unbedingt teurer Schmuck sein, aber wir alle möchten Schönes schenken und geschenkt bekommen. Diese Wettbewerbe entdecken neue Talente, sie zeigen neue Trends in Verbindung mit alten Traditionen. Der Preis wird in zehn Kategorien verliehen, darunter „Der Erste Weltkrieg. Das Bild des verschenkten Sieges“, in der wir uns mit der russischen Geschichte auseinandersetzen. Bewertet wird dabei die Originalität des Designs in der Medaillenkunst, d. h. die Leistung der Goldschmiede bei der Gestaltung von Medaillen oder eventuellen künftigen Münzen. Viel Aufmerksamkeit soll auch der individuellen Verwendung unüblicher Materialien geschenkt werden. In der heutigen Schmuckkunst werden sogar Waffenstahl und Titan eingesetzt. In Verbindung mit herkömmlichen Edelmetallen haben sie eine überraschende Wirkung.“

In der Russischen Föderation werden jährlich 80 Tonnen Schmuck abgesetzt. Da die Masse eines Einzelerzeugnisses im Durchschnitt 5 Gramm beträgt, sind es insgesamt 16 Mio. Schmuckartikel. 45 % von ihnen sind aus dem Ausland importiert, und dieses Kräfteverhältnis auf dem Markt kann den einheimischen Herstellern nicht recht sein, meint Gagik Geworkjan, Ratsvorsitzender der Vereinigung „Gilde der Goldschmiede Russlands“.

„Die Organisation besteht schon seit 100 Jahren, und unsere Aufgabe ist heute, die einheimischen Errungenschaften auf internationaler Ebene zu zeigen. Was heute in der Schmuckindustrie passiert, ist eine Wiederbelebung der noch vorrevolutionären Tradition. Zu Sowjetzeiten wurde der Massenfertigung mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Unsere Mütter und Großmütter, das ganze Land trug die gleichen Finger- und Ohrringe. Die moderne russische Schmuckbranche ist völlig anders: Sie hat nicht nur die Krise überstanden und sich erhalten, sondern ich kann auch mit Bestimmtheit sagen, dass wir gute Aussichten haben, es unter die Spitzenreiter der internationalen Schmuckbranche zu schaffen. Dafür spricht das Interesse der Nachwuchstalente an diesem Tätigkeitsbereich. Es ist sehr wichtig, dass 2014 in Moskau erstmals in Russland eine internationale Konferenz unter Beteiligung von Fachverbänden aus gut 40 Ländern stattfinden wird. Die Vertreter der führenden internationalen Handelsmarken werden die wirklichen Leistungen der russischen Schmuckbranche erleben.

Laut Experten haben die russischen alle Voraussetzungen für den Einstieg in den internationalen Markt: die intellektuellen und die technischen, ganz zu schweigen von dem Rohmaterial. Es sei betont, dass die russische Goldschmiedekunst in ihren frühen Entwicklungsphasen eigenständig war, ohne von dem Werk ausländischer Meister nennenswert beeinflusst zu werden. Zentren der russischen Schmuckkunst waren zu verschiedenen Zeiten die alten Städte Weliki Ustjug, Wologda, Kostroma, Nischni Nowgorod, Pskow, Jaroslawl, St. Petersburg, Moskau u. a. m. Erst beginnend mit der Regierungszeit Peter I. bezog sich das russische Schmuckhandwerk in seiner Entwicklung auf die Errungenschaften europäischer Meister. Petersburger Goldschmiede setzten erfolgreich solche Verfahren ein wie Niello-Technik, Granulation, Email, Filigranarbeit, Treibarbeit, Intaglio und Vergolden. Breite Anwendung fanden Diamanten, Saphire, Rubine und Smaragde. Sehr begehrt waren gelbe und rosarote Topase, Spinelle, Aquamarine, Korallen. Die russische Goldschmiedekunst wurde durch die Brüder Gratschow berühmt, die Lieferanten des Kaiserhofes und Träger vieler Auszeichnungen und Preise internationaler Messen. Wohlverdientes Ansehen und große Beliebtheit genoss Alexander Dementjewitsch Iwanow. Gemessen an dem Wert der Juwelen, die er in seinen Erzeugnissen verwendete, galt er als der erste Goldschmied von Petersburg. Heute ist es an der Zeit, sich auf die Tradition zu besinnen. Nicht zufällig heißt es, alles Neue sei meistens das vergessene Alte“.

Stimme Russlands

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