Gedämpfte Aussichten für Stromerzeugungstechnik in Russland

[Von Ullrich Umann/gtai] Russlands Energieplaner rechnen für 2014 bis 2019 mit einem Anstieg des Verbrauchs an Elektroenergie um 2,2% jährlich. Auf dieser Grundlage kalkulieren wichtige Energieunternehmen ihre Ausbau- und Modernisierungspläne. Allein 2014 sollen neue Kapazitäten im Umfang von 5,9 GW ans Netz gehen. Doch werden Zweifel laut, ob da nicht auf Sand gebaut wird, denn 2013 fiel der Stromverbrauch um 0,6%.

Es sind keine Indizien in Sicht, die für 2014 von einem verbesserten wirtschaftlichen Umfeld zeugen würden. Deutsche Anbieter von Anlagen und Ausrüstungen für die Stromwirtschaft stoßen im Ergebnis auf eine eher angespannte Geschäftslage. Nach Angaben des russischen Energieministeriums wurden 2013 insgesamt 1.061,6 Mrd. kWh elektrischen Stroms erzeugt. Das entspricht 99,3% des Vorjahresniveaus.

Der Netzbetreiber FSK EES ermittelte 1.045,5 kWh an durchgeleitetem Strom. Verbraucht wurden laut EES 1.031,7 Mrd. kWh. Als Hauptursache für den rückläufigen Verbrauch wurde die krisenhafte Entwicklung in der Industrieproduktion gesehen – der Ausstoß des verarbeitenden Gewerbes fiel nach den jüngsten amtlichen Angaben von Januar bis November 2013 um 0,1%.

Neben der Aluminiumindustrie haben insbesondere die Hersteller von Rohren und von Fahrzeugen gegen stagnierende oder rückläufige Umsätze anzukämpfen. Allein die Schließung von Aluminiumhütten verursachte Abnahmeausfälle von 5 Mrd. kWh Strom. Da in der Industrie insgesamt weniger hergestellt und somit transportiert wurde, fiel im Endeffekt auch der operative Gewinn der Eisenbahn. Für die Energiewirtschaft zählt das besonders, denn der Schienentransport hat einen Anteil von 8% am gesamten Stromverbrauch.

Hinzu kam der milde Winter 2012/2013; die Temperatur lag im Februar um 2 Grad über den Durchschnittswert. Daher fiel der Verbrauch an Elektronenergie, der für Heizzwecke typischerweise anfällt.

Die krisenhafte Situation in der Industrie und Stromwirtschaft 2013 trat nach vier Jahren ungebrochenen Wachstums ein und setzte damit ein negatives Vorzeichen für 2014. Nach der Finanzmarktkrise 2008/09, die damals zu eklatanten Einbrüchen des Wirtschaftwachstums führte, schaffte es die russische Wirtschaft zwar anschließend relativ schnell, den Einbruch aufzuhalten und in erneutes Wachstum umzukehren. Doch scheint nun eine erneute Stagnation eingeleitet, mit vorerst unbekannter Dauer.

Die Stromanbieter sehen sich verstärkt zur Kostenoptimierung gezwungen, specken ab und investieren in neue Technologien. Auf der einen Seite werden gewerblichen Abnehmern Kleinkraftwerke und Generatoren angeboten, vor allem in Regionen, die bislang nicht über das eigene Verteilernetz versorgt wurden. Dadurch soll sich die Kundenzahl erhöhen.

Auf der anderen Seite wird in hochprofitable Gaskraftwerke investiert und gleichzeitig werden günstige Lieferverträge mit den Gasversorgern abgeschlossen. So machte es zum Beispiel die russische Niederlassung von E.ON, die mit dem privaten Gasversorgungsunternehmen Novatek einen kostensparenden Deal unter Dach und Fach brachte.

Auch die Stunde der Wasserkraft hat geschlagen. RusHydro, der weitaus größte Anbieter von Strom aus Wasserkraft, konnte 2013 gegen den Trend seine Stromerzeugung sogar um 7,5% auf 120 Mrd. kWh steigern. Offensichtlich haben die weitflächigen Überschwemmungen im Fernen Osten zum Ausfall von Wärmekraftwerken geführt, weshalb Wasserkraftwerke einspringen mussten. Darüber hinaus hat RusHydro Kunden in der VR China beliefert, was sich als ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell erwies.

Im Bereich der Stromübertragung haben sich 2013 die beiden Holdings MRSK (Vereinigung interregionaler Stromverteiler) und FSK EES (Fernübertragung) unter dem Dach der Holding Rosseti (Abkürzung für: Russische Netze) vereinigt. Damit sollen Synergieeffekte zwischen beiden Holdings entstehen und genutzt werden, was sich im Endeffekt in günstigeren Übertragungstarifen ausdrücken soll. Zudem soll sich die Anziehungskraft von Rosseti auf private Anleger an der Moskauer Börse erhöhen. In diesem Bereich haben sich Investoren bislang als eher rar erwiesen.

 

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