Friedenskapelle und Länderspiel

Er ist fast schon zu Hause in Wolgograd, kennt sich bestens in der Stadt aus und hat immer wieder neue Ideen für Partnerschaftsprojekte. Christian Holtz (71), Arzt aus dem oberbayerischen Denkendorf, war auch zum 75. Jahrestag des Endes der Stalingrader Schlacht angereist, um angesichts der fast eineinhalb Millionen Opfer für Versöhnung und Frieden einzutreten.
„Ich war 1966 das erste Mal mit einer Jugendgruppe in Moskau. Es war eine lange Busfahrt, aber die Neugier auf das unbekannte Land war stärker als die Strapazen. Ich war von Anfang an begeistert von der Stadt, dem Land und den Menschen hier“, erinnert er sich. „Beeindruckend war aber vor allem, dass uns, den Besuchern aus dem Land, das erst zweieinhalb Jahrzehnte zuvor millionenfachen Tod über die Sowjetunion gebracht hatte, kein Hass entgegenschlug, sondern allenfalls Neugier, wie sich die „neuen Deutschen“ wohl verhalten würden.“ Die nächste Gelegenheit zu einem Besuch der Sowjetunion ergab sich bei einer Studienreise nach Japan, als er mit der Transsibirischen Eisenbahn bis Wladiwostok fuhr und dann mit dem Flugzeug weiterreiste. Er war fasziniert von der Landschaft und beschloss, auf jeden Fall wiederzukommen.

Inzwischen sind es über 120 Besuche geworden. Christian Holtz spricht inzwischen sehr gut russisch, kann sogar Interviews in der Fremdsprache geben.
In Wolgograd war er zum ersten Mal im Jahre 1999 anlässlich der 10. Konferenz deutsch – russischer Partnerstädte. Bei dieser Gelegenheit traf er sich mit Kriegsveteranen aus Russland. Diese regten an, eine Friedenskapelle auf dem Soldatenfriedhof Rossoschka zu errichten. Nach dem ersten Spatenstich im Jahre 2013 konnte die Friedenskapelle, die der Kasseler Landschaftsarchitekt Jürgen von Reuß entworfen hatte und über die der damalige deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier und sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow die Schirmherrschaft übernommen hatten, am 7. September 2016 eingeweiht werden. Das Ensemble aus einem west- und einem ostchristlichen Kreuz sowie einem gemeinsamen Altar stellt eine Verbindung zwischen dem deutschen und dem russischen Friedhof dar – als Zeichen der Versöhnung, wie Holtz erklärte.
Das Geld für den Bau kam vor allem vom deutschen Baustoff-Unternehmen KNAUF, das seit 25 Jahren in Russland und der GUS investiert.
Weil er meint, dass die Jugend beider Länder mehr voneinander wissen sollte, fädelte er eine Partnerschaft zwischen der Volksschule Denkendorf und der Schule Nr. 42 im Moskauer Stadtteil Krasnaja Presnja ein, der sich kürzlich die Schule Nr. 54 in Wolgograd angeschlossen hat. Am 10. Mai wird es in Wolgograd ein Treffen von Schülern und Leitungen der Denkendorfer, der Moskauer und der Wolgograder Schule geben, an dem auch Vertreter der Ingolstädter Berufs- und Fachoberschule teilnehmen, die den Wunsch hat, der Partnerschaft beizutreten. In Denkendorf symbolisiert eine Skulptur, die einen bayerischen Jungen und ein russisches Mädchen im fröhlichen Tanze zeigt, dass es keinerlei Berührungsängste zwischen den Schülern beider Länder gibt.

Partnerschaft zwischen den Flughäfen Wolgograd und München

Man muss wohl nicht extra erwähnen, dass das Länderspiel der Jugend-Auswahlmannschaften Deutschlands und Russlands am 8.Mai im Wolgograder Zenit-Stadion ebenfalls auf eine Holtz-Idee zurückgeht. Der FCB-Fan wollte eigentlich in Erinnerung an das erste Fußballspiel zwischen Spartak Moskau und Dynamo Stalingrad am 2.Mai 1943 nach dem historischen Sieg mit einer Begegnung zwischen Spartak und dem FC Bayern erinnern. Doch dies scheiterte an anderen terminlichen Verpflichtungen des Deutschen Meisters in dieser Zeit. So entstand der Vorschlag eines Vergleichs der Jugend-Auswahlmannschaften. „Die Fußballverbände beider Länder und die Wolgograder Stadtverwaltung fanden die Idee gut. Wir wollen mit dieser Begegnung kurz vor der Fußball-WM an das erste Freundschaftsspiel nach der Stalingrader Schlacht zwischen Spartak Moskau und Dynamo Stalingrad am 2.Mai 1943 erinnern und zugleich die Kandidatur Wolgograds für die höchste Stufe des Europapreises unterstützen. Außerdem wollen wir anregen, dass der 8. Mai zu einer Tradition des internationalen Jugendfußballs in Wolgograd wird.“

Und schon bastelt Holtz an einer neuen Partnerschaft zwischen dem Wolgograder Flughafen Gumrak und dem Münchner Airport Franz-Joseph Strauß. „Ich habe bei einem bekannten Moskauer Bildhauer eine Büste des ehemaligen bayrischen Ministerpräsidenten und Vorsitzenden des Airbus-Aufsichtsrates in Auftrag gegeben., die ihren Platz in dem neuen Flughafengebäude in Wolgograd finden soll.

Und immer spricht er davon, dass alle seine Initiativen vor allem das Ziel haben, den Frieden zwischen unseren beiden Ländern zu festigen, damit sich so etwas wie im Winter 1942/43 nie mehr wiederholt.

„Der Frieden ist das wichtigste Gut, das wir haben und das wir auch verteidigen müssen. Wo kann man den Frieden besser zum Ausdruck bringen, als an dem Ort, der an die Vergangenheit erinnert, aber auch als Mahnung an die Zukunft seinen Auftrag hat“ – sagt Christian Holtz.

[hh/russland.news]

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