„Feige Verräter“: Millionen Russen verließen das Land

„Feige Verräter“: Millionen Russen verließen das Land

Der russische Inlandsgeheimdienst FSB hat zum ersten Mal die Zahl der Russen, die zwischen Juli und September 2022 ins Ausland gereist sind, bekannt gemacht. Insgesamt verließen 9,7 Millionen Menschen Russland. Das sind fast doppelt so viele wie im zweiten Quartal dieses Jahres und 1,2 Millionen mehr als im gleichen Zeitraum des Jahres 2021.

Die Türkei (2,16 Millionen Abflüge) und Kasachstan (1,25 Millionen Abflüge) gehören zu den fünf beliebtesten Reisezielen der Russen. Georgien (460.000) und Finnland (430.000) rundeten die ersten fünf Plätze ab. Das beliebteste Ziel ist Abchasien (2,48 Millionen Mal). Auf diese fünf Länder entfielen mehr als 70 Prozent aller Reisen. Vor der Pandemie besuchten die Russen im gleichen Zeitraum 16,1 Millionen Mal das Ausland, also fast doppelt so oft.

Nach der Ankündigung der so genannten Teilmobilmachung am 21. September begann ein regelrechter Exodus junger Männer aus Russland. Verschiedenen Quellen zufolge haben seit Ende September fast eine Million Männer das Land verlassen, um sich vor Vorladungen zu verstecken. Nach Angaben von Forbesgingen 200.000 davon nach Kasachstan. Dabei gibt es keine Informationen darüber, wie viele zurückkehren werden oder wollen. Unmittelbar nach Bekanntgabe der Mobilmachung bildeten sich lange Schlangen an den russischen Grenzkontrollstellen. Der berüchtigtste war der russisch-georgische Grenzübergang in Ober-Lars. Die Menschen mussten bis zu fünf Tage am Checkpoint warten, oft ohne Nahrung und Wasser. Am 30. September erklärte der russische Botschafter in Helsinki, Pawel Kusnezow, dass nach dem 21. September etwa 60.000 Russen nach Finnland eingereist seien.

Von Anfang an des ….. in der Ukraine wurden die Russen, die das Land verlassen haben, von vielen Politikern und Propagandisten mit dem Vorwurf des Verrats an ihrem Heimatland und mit allen möglichen Beleidigungen angegriffen. Vor allem Künstler, Sänger, Schriftsteller, Regisseure oder Schauspieler waren Zielscheibe der übelsten Beschimpfungen. So schrieb der Sprecher der russischen Staatsduma Wjatscheslaw Wolodin, in seinem offiziellen Telegram-Kanal: „Heute wird viel darüber diskutiert, wie viele Menschen das Land verlassen haben. Nach Kasachstan, Georgien, in die Mongolei und andere Staaten. Sie haben Eltern, Großeltern und Angehörige in ihrem Heimatland zurückgelassen. Ihr Handeln ist ein Verrat an ihrem Land.“

Der stellvertretende Vorsitzende des russischen Sicherheitsrates Dmitri Medwedew bezeichnete in seinem Telegramkanal die Bürger, die Russland verlassen haben, als „feige Verräter“. „Die feigen Verräter und gierigen Abtrünnigen sind in ein fernes Land geflohen“, schrieb Medwedew, dessen krasse Äußerungen letzte Zeit viele erschrecken.

Nach Ansicht der Vorsitzenden des Föderationsrates, Walentina Matwijenko, sollen Russen, die das Land verlassen haben und nun ihr Heimatland „mit Dreck bewerfen“, im Ausland bleiben. Matwijenko erklärte jedoch, dass die russische Verfassung das Verlassen des Landes und die Rückkehr nicht verbiete.

Letzte Woche sagte einer der einflussreichsten Kreml-Propagandisten, der Fernsehjournalist Wladimir Solowjow, dass Menschen, die Russland verlassen haben, vielleicht besser nicht zurückkehren sollten: „Wir haben eine ganze Generation großgezogen, für die die Heimat keinen Wert hat. Warum sie unglücklich machen? Wenn sie dort glücklich sind, dann deshalb, weil sie hier so unglücklich waren, dass sie die historische Entscheidung für ihr Vaterland nicht akzeptieren konnten.“

Andrej Klimow, Leiter der Kommission des Föderationsrates für den Schutz der staatlichen Souveränität, ging einen Schritt weiter. Er hat vorgeschlagen, Russen, die das Land nach dem Beginn der „speziellen Militäroperation“ in der Ukraine verlassen haben, zu „ausländischen Agenten“ zu erklären.

[hrsg/russland.NEWS]

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