Gewaltsame Auseinandersetzungen hat es bei den Antimaidan-Demonstrationen am Wochenende in der Ostukraine nicht nur – wie von uns schon berichtet – in Charkow und Lugansk gegeben. In Donezk gehen die Antimaidan-Kräfte in die Offensive und halten die Gebietsverwaltung besetzt.
Auch aus Dnepropetrowsk melden örtliche Medien nun Zusammenstöße zwischen proukrainischen Nationalisten des „Rechten Sektors“ und prorussischen Demonstranten, die sich hier passenderweise als „Linker Sektor“ bezeichnen. Der „Linke Sektor“ hat seine Aktionen offenbar dennoch auch am heutigen Montag fortgesetzt. Die „Lufthoheit“ liegt jedoch in der Stadt – anders als in Donezk oder Lugansk – nicht bei den Antimaidanern. Durch die Stadt patroullieren proukrainische Kosaken.
Donezk: Referendum über Abspaltung fest angekündigt
In Donezk, wo der Druck der Straße auf prorussischer Seite am größten scheint, soll es wohl im Mai zu dem angestrebten Referendum über die weitere Zugehörigkeit des Donbass zur Ukraine kommen – auf Intiative eines prorussischen „Volksrates“. Dies berichten auch Zeitungen außerhaln der Region als Hauptschlagzeile, etwa die Onlinenews Tajmer aus Odessa. Sie äußern auch Angst vor einem Überschwappen dieser Eskalation auch nach Odessa – lokale Behörden haben bereits die örtliche Opposition vor übereilten Reaktionen auf die Vorgänge in Donezk gewarnt. Auch die örtlichen Devisenkurse kletterten und Tajmer berichtet von Beschränkungen beim Verkauf von Fremdwährungen. Antimaidaner halten offenbar in Donezk noch immer die Gebietsverwaltung besetzt, während sie bei früheren Aktionen immer recht schnell wieder abzogen. Hier sehen wir sie in Aktion:
http://www.youtube.com/watch?v=SRJ1YqjMu3s
Auch auf die Regionen Charkow und Lugansk soll diese Abstimmung nach Wunsch aus Donezk ausgeweitet werden. Sollten ukrainische Verwaltungsstellen versuchen, die Referenden zu verhindern, wollen sich die Oppositionellen hilfesuchend an Russland wenden, die Durchführung eines solchen zu gewährleisten. Hier droht eine nicht kalkulierbare Eskalation des aktuellen Konfliktes. Denn diese Gewährleistung könnte nur durch die Entsendung von russischen Soldaten erfolgen, die der Westen und auch die Ukrainische Regierung selbst wohl nicht tolerieren würde. Hier wäre das Schlimmste zu befürchten, wenn die russische Regierung dem Wunsch der Separatisten nachkommt. Es wäre wohl der „Worst Case“ in der aktuellen Situation. Auch mit einer besonnene Reaktion der Euromaidan-Regierung ist eher weniger zu rechnen – wenn sie eine „harte“ Reaktion im Donbass überhaupt noch auf die Beine bekommt, wo ihre Unterstützungsbasis wesentlich dünner ist, als beispielsweise in Dnepropetrowsk.
Harte Forderungen in Lugansk – Verhandlungen in Charkow
Lugansker Demonstranten, die offenbar immer noch ein öffentliches Gebäude besetzt halten, haben mittlerweile einen Forderungskatalog formuliert, den die ukrainische Regierung wohl ebenfalls kaum akzeptieren dürfte: Eine Volksabstimmung über die Zukunft der Region am 10./11.05.2014, eine Freilassung aller politischen Gefangenen, die Rehabilitation der bei den Euromaidanern verhassten „Berkut“-Truppe und eine Aussetzung der Präsidentenwahl.
Etwas gemäßigter ging es heute in Charkow zu. Hier kam es heute offenbar zu offiziellen Gesprächen zwischen prorussischen Aktivisten und hochrangigen Vertretern der örtlichen Verwaltung, darunter dem örtlichen Bürgermeister und dem Vize-Gouverneur. Die besprochenen Themen klingen etwas gemäßigter – eine Föderalisierung der Ukraine, eine offizielle Stellung der russischen Sprache und eine Ablehnung in die Integration westlicher Bündnisse wie der Nato oder EU. Ein lokales Referendum will der Stadtrat nach aktueller Auskunft in Charkow nicht abhalten, obwohl es von den örtlichen Aktivisten ebenfalls gefordert wird. Dass auch die Situation auf Charkows Straßen aufgeladen ist, beweisen drei Amateurvideos aus den Straßen der Stadt vom Wochenende:
https://www.youtube.com/watch?v=RBR2sfG5e7Q
https://www.youtube.com/watch?v=4bjcSjyuKY4
https://www.youtube.com/watch?v=PuLwEko3O38
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