Erster präventiver US-Cyber-Angriff auf Russland

Erster präventiver US-Cyber-Angriff auf Russland

Im November 2018 sollen die USA ihren ersten offensiven Cyberangriff auf Russland ausgeführt haben. Das Pentagon und die NSA hätten es geschafft, den Internetzugang der „Trollfabrik von Jewgeni Prigoschin“ zu deaktivieren.

Wie die Washington Post herausfand, führte das amerikanische U. S. Cyber Command Operation im November 2018 die erste offensive Online-Operation gegen Russland durch und unterbrach den Internetzugang bei der Internet Research Agency (IRA). Laut anonymen Aussagen mehrerer US-Beamten erfolgte der Angriff am Tag der Zwischenwahlen zum US-Kongress am 6. November 2018. Man habe damit verhindern wollen, dass russische Trolle aus St. Petersburg die Wahlergebnisse beeinflussen könnten. US-Beamte vermuten, dass die IRA im Auftrag des Kremls arbeitet.

Die Operation war Teil einer breit angelegten Regierungsinitiative zum Schutz der Wahlen 2018, an der die Ministerien für Heimatschutz, Staat und Justiz sowie das FBI beteiligt waren, und wurde von General Paul Nakasone ausgeführt. Verteidigungsminister Jim Mattis hatte ihm im Mai, als er das Ruder bei Cybercom übernahm, klar gemacht, das Weiße Haus wolle keine Wiederholung der Ereignisse bei den Wahlen 2016 mit gehackten E-Mails und Social Media-Kampagnen.

Mike Rounds, im US-Senat für Cybersicherheit zuständig, bescheinigte dem Pentagon einen vollen Erfolg bei dem ersten offensiven Cyberschlag: „Es war kein Zufall, dass die Wahlen 2018 ohne erhebliche russische Einmischung stattfanden. Ohne das Eingreifen von Cybercom hätte es ernsthafte Cyberangriffe gegeben.“

Experten beurteilen die Aktion nicht so optimistisch. „Eine solche Operation ist nur ein Nadelstich, der Irritationen auslöst aber langfristig nichts zur Abschreckung beiträgt“, sagt Thomas Rid, Professor für strategische Studien an der Johns Hopkins University. Die Entscheidungsträger im Kreml wird das nicht sehr beeindrucken.

Ebenso aus anonymen Quellen erfuhr die WP, die amerikanische Strategie bezwecke mit Hilfe von kleinen „Testbällen“, Verwirrung zu stiften. „Wir haben gezeigt, was im Bereich des Möglichen möglich ist. Es ist nicht mehr die alte Art, Geschäfte zu machen. Wir arbeiten nicht mehr wie früher.“ Donald Trump hatte im August 2018 das Cybercom mit Sonderbefugnissen ausgestattet, um in Friedenszeiten offensive Cyberoperationen unterhalb der Ebene der bewaffneten Konflikte durchführen zu können – Aktionen, die nicht zu Tod, erheblichen Schäden oder Zerstörung führen. Erste Pläne von präventiven Cyberangriffen gegen Russland waren unter Barack Obama erschienen.

Ein neuer im vergangenen Jahr verabschiedeten National Defense Authorization Act ebnete zusätzlich den Weg für geheime Cyberoperationen, die unter die Schwelle eines schweren Cyberangriffs fallen und sie als „traditionelle militärische Aktivität“ einstufen.

Die Nato hatte sich 2014 darauf geeinigt, dass ein Cyberangriff den kollektiven Verteidigungsmechanismus nach Artikel Fünf des Nato-Vertrags auslösen kann. Der Artikel Fünf besagt, dass ein Angriff auf einen oder mehrere Bündnismitglieder als Angriff gegen alle gewertet wird. Das war bislang erst einmal der Fall: nach dem Terroranschlag vom 11. September 2001 in New York.

Die USA haben mit ihrer gezielten Fernabschaltung des Internetzugangs demonstriert, was ein präventiv verübter Cyberangriff ist. Dagegen ist die bisherige Schwarmoffensive russischer Trolle harmlos. Moskau ist jetzt fast gezwungen, in einer a- oder symmetrischen Reaktion zu demonstrieren, was es cybertechnisch draufhat. Auf einen Bündnispartner der Nato vielleicht? Immerhin hatte Generalsekretär Jens Stoltenberg im April 2018 in Ottawa Cyberangriffe als „genauso verheerend wie militärische Angriffe“ eingestuft, die den kollektiven Verteidigungsmechanismus auslösen.

Das Ergebnis der Präventivattacke erscheint eher bescheiden, aber die Folgen dieses Gefechtes im Internet könnten unvorhersehbar sein, schreibt The Bell „Sieht so aus, als wüssten wir jetzt, wer uns das „Runet-Gesetz“ eingebrockt hat.“ Die rasche Annahme des Gesetzes über ein „Souveränes Runet“ in der Staatsduma und die ablehnende Haltung gegenüber einer russischen Beteiligung am Projekt OneWeb erscheinen nach der Bekanntgabe dieser Cyberattacke in einem neuen Licht.

Inzwischen will der TV-Sender NBC News erfahren haben, dass Donald Trump die Cyber-Operation persönlich genehmigt hat. Die russische Regierung habe gestern von den Medien über Cyberangriffe erfahren, sagte ein Sprecher.

[hub/russland.NEWS]

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