Derzeit schicken sich Vertreter des „Ostausschusses“, der SPD und der Friedensbewegung erneut an, ihre Kräfte für eine Friedens- und Entspannungspolitik zu bündeln. – Das sind große Worte, aber es gibt Anlass für Optimismus. – Es handelt sich um Ralf Stegner, stellvertretender Bundesvorsitzender der SPD, den „Ostausschuss“ (in der Person seines Pressesprechers Andreas Metz), den „Willy-Brandt-Kreis“ (http://www.willy-brandt-kreis.de/) oder etwa „Pax Christi“ (http://www.paxchristi.de/).
Ich bin froh, dass Ralf Stegner, führender Vertreter der SPD-Linken und der Ostausschuss, ein Mitgliedsverband des „Bundes der deutschen Industrie“, anderweitige Meinungsdifferenzen beiseitelassen und ernsthaft daran gehen, sich gemeinsam für mehr Vernunft und Realismus in der Russlandpolitik einzusetzen. – Dies ist keine Kritik an Außenminister Frank Steinmeier. Steinmeier steht unter der Druck von Hardlinern im In- und Ausland. Die „Entspannungspolitische Initiative“ vergrößert den Spielraum für seine ausgleichende Politik, weil sie die „Hardliner“ in die Defensive bringt. Zunächst ein bisschen, aber dann mehr und mehr. Die Initiatoren wollen es nämlich nicht bei einer einmaligen Aktion bewenden lassen. Ich hoffe, dass die Bewegung an Breite gewinnt und auch in anderen Parteien und Nichtregierungsorganisationen Unterstützung gewinnt. Genau dies wird auch angestrebt.
Die gemeinsame Presserklärung finden Sie im Anschluss. Ich habe an der Formulierung mitgewirkt und unterstütze sie.
Für eine neue Friedens- und Entspannungspolitik JETZT!
Erklärung über Ergebnisse des Gedankenaustauschs von Friedensinitiativen UnterzeichnerInnen des „Berliner Appells“, VertreterInnen des „Willy-Brandt-Kreises“, des „Ostausschusses der deutschen Wirtschaft“ und der „Initiative für eine Neue Ostdenkschrift“, unter ihnen u.a. SPD-Bundesvize Ralf Stegner, Professor Peter Brandt und der Friedensforscher Professor Hans-Joachim Giessmann, berieten in Berlin über die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Zivilgesellschaft und Politik zur Unterstützung einer Erneuerung der deutschen und europäischen Friedenspolitik.
Anlass waren die aktuellen Bemühungen um eine friedliche Lösung des Ukraine-Konfliktes und die Beendigung des Krieges in Syrien. Die wichtigsten Ergebnisse:
Der Ukraine-Konflikt und die durch Kriege ausgelöste europäische Flüchtlingskrise geben dringenden Anlass, für eine neue Phase der Entspannungspolitik unter Einbeziehung Russlands zu kämpfen und Gespräche mit möglichst allen relevanten Akteuren zu suchen. Die 1969 von Bundeskanzler Willy Brandt eingeleitete Entspannungspolitik hatte wesentlich dazu beigetragen, in Europa Krieg zu verhindern, den Kalten Krieg zu beenden und die Vereinigung Deutschlands und Europas zu ermöglichen. Eine der Lehren von Egon Bahr daraus ist: Friedenspolitik und Beendigung von Kriegen und Konflikten erfordert immer „gemeinsame Konfliktlösungen mit anderen, die unsere Werte nicht teilen“.
Die Durchsetzung einer neuen Friedens- und Entspannungspolitik erfordert auch das Engagement der Zivilgesellschaft, das in der Vergangenheit zum Erfolg der Friedens- und Entspannungspolitik beigetragen hatte.
Die auf dem Treffen vertretenen Gruppen der Zivilgesellschaft hoffen für die Menschen in der Ukraine auf ein Ende der bewaffneten Auseinandersetzungen. Sie fordern die Konfliktparteien sowie die ihnen verbundenen internationalen Akteure zu größeren Anstrengungen auf, die Krise friedlich zu beenden. Sie unterstützen die nachhaltigen Bemühungen der Bundeskanzlerin Angela Merkel und des Bundesaußenministers Frank-Walter Steinmeier zur Umsetzung des Minsk-II-Abkommens. Dennoch ist klar geworden: Eine Politik, die weiter auf Sanktionen und die Isolierung Russlands setzt, löst die bestehenden Konflikte nicht. Sie halten die politische und diplomatische Zusammenarbeit mit Russland auch bei der Beseitigung globaler Friedensbedrohungen – angefangen von der nuklearen Rüstungskontrolle bis zur Beendigung der Kriege und Stellvertreterkriege in Nachbarregionen Europas für dringend geboten.
Sie fordern die Bundesregierung auf, ihre OSZE-Präsidentschaft im Jahre 2016 dafür zu nutzen, mit Hilfe der OSZE einen gesamteuropäischen Sicherheitsraum ohne Trennlinien aufzubauen, in dem kein Staat oder Bündnissystem die eigene Sicherheit zum Nachteil von anderen zu verbessern sucht. Genau dies war bereits auf dem OSZE-Gipfel 1999 vereinbart, ist aber nicht verwirklicht worden.
Auch unter veränderten Rahmenbedingungen gilt das Vermächtnis von Willy Brandt und Egon Bahr weiterhin: Sicherheit wird es in Europa nur gemeinsam mit Russland geben.
Deshalb sollten in Europa NATO und Russland statt zur Aufrüstung gegeneinander zur Abrüstung und Rüstungskontrolle MITEINANDER beitragen! Deshalb sollten im Nahen Osten USA, EU und Russland zusammenarbeiten und auf ihre jeweiligen „Partner“ Druck ausüben, um in Syrien, Irak und Libyen Waffenstillstände und Verhandlungen zu vereinbaren und die Lieferung von Waffen und Munition zu stoppen. Mehr diplomatische Initiativen sind nötig, um aktuelle Kriege zu beenden, nicht durch neue Militäreinsätze auszuweiten und drohende Kriege zu verhüten. Dazu gehört, den Menschen in diesen Ländern die lebenswichtige humanitäre Hilfe zu gewähren und ihnen zu helfen, Regierungen der Nationalen Einheit zu bilden, um den Wiederaufbau beginnen zu können.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Treffens wollen durch engere Zusammenarbeit und Einbeziehung anderer Aufrufe und Initiativen in überparteilichen Veranstaltungen, Diskussionsforen und durch Informationsarbeit im Internet alle Anstrengungen der Diplomatie unterstützen, durch Zusammenarbeit zur Deeskalation und Beendigung der Kriegshandlungen beizutragen. Sie setzen sich dafür ein, den sich anbahnenden Rüstungswettlauf in Europa zu stoppen, Atomwaffen abzubauen und Stationierung von weiteren Raketenabwehrsystemen zu verhindern. Das betrifft sowohl die Rüstungspläne der NATO als auch Russlands.
Ihre Aktivitäten richten sich nicht auf eine bestimmte Partei. Gleichwohl erwarten sie insbesondere von der SPD, dass sie in der Tradition Willy Brandts und Egon Bahrs weiter für Frieden und internationale Verständigung eintritt, die Beteiligung der Zivilgesellschaft sucht und praktiziert, und sich mutig und entschlossen an die Spitze im Ringen um ein kooperatives Sicherheitssystem in ganz Europa stellt.
Berlin, den 8. Oktober 2015
Die TeilnehmerInnen des Strategiegesprächs Berliner Appell / Willy-Brandt-Kreis / Initiative für eine Neue Ostdenkschrift der EKD / Ostausschuss der deutschen Wirtschaft:
− Dr. Wolfgang Biermann, Politologe, Unterzeichner des Berliner Appells „Die Spirale der Gewalt beenden – Für eine neue Friedens- und Entspannungspolitik“, langjähriger Mitarbeiter Egon Bahrs für Außen- und Sicherheitspolitik
− Prof. Dr. Peter Brandt / Historiker, Unterzeichner der Erklärung „Zum bedrohten Frieden – für einen neuen europäischen Umgang mit der Ukraine-Krise“, Vorstandsmitglied des Willy-Brandt-Kreises
− Daniela Dahn, Schriftstellerin, Unterzeichnerin der Erklärung „Zum bedrohten Frieden…“, Vorstandsmitglied des Willy-Brandt-Kreises
− Ulrich Frey / Mitinitiator des Berliner Appells, Mitglied des SprecherInnenrates der Plattform Zivile Konfliktbearbeitung, langjähriges Mitglied des Ausschusses für Öffentliche Verantwortung der Evangelischen Kirche im Rheinland,
− Prof. Dr. Hans-Joachim Giessmann / Friedensforscher, Koautor der Erklärung „Zum bedrohten Frieden…“, Geschäftsführender Direktor der Berghof Foundation, Berlin, Mitglied des Willy-BrandtKreises
− Andreas Metz, Leiter Presse und Kommunikation im Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft
− Wiltrud Rösch-Metzler / Politologin und freie Journalistin, Unterzeichnerin des Berliner Appells, Bundesvorsitzende der katholischen Friedensbewegung pax christi,
− Dr. Hans Misselwitz / Biophysiker, Unterzeichner der Erklärung „Zum bedrohten Frieden … “, Schatzmeister des Willy-Brandt-Kreises, Staatssekretär a.D.
− Irina Mohr, Unterzeichnerin der Erklärung „Zum bedrohten Frieden…“, Vorstandsmitglied des WillyBrandt-Kreises
− Prof. Dr. Konrad Raiser / Theologe, Vertreter der „Initiative für eine Neue Ostdenkschrift der EKD“
− Dr. Christine Schweitzer / Friedensforscherin, Unterzeichnerin des Berliner Appells, CoGeschäftsführerin des Bundes Für Soziale Verteidigung,
− Dr. Ralf Stegner / Unterzeichner des Berliner Appells, Landesvorsitzender der SPD Schleswig-Holstein, Stellvertretender Parteivorsitzender der SPD
− Dr. Christian Wipperfürth, Publizist, Unterzeichner des Berliner Appells, DGAP
− Burkhard Zimmermann, Mitinitiator und Sekretariat für die Unterschriftensammlung des Berliner Appells.
V.i.S.d.P.: Ulrich Frey
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