Die russischste aller deutschen Städte erhält Direktanschluss nach Moskau

Die Fluggesellschaft Pobeda Airlines, eine hundertprozentige Tochter der staatlichen Aeroflot, wird ab 19. Oktober 2017 neu jeweils dienstags, donnerstags und sonntags nonstop ab Karlsruhe / Baden-Baden (FKB) nach Moskau-Vnukovo (VKO) fliegen, schreibt „baden-airpark.de“.

Über das dortige Drehkreuz gibt es dann ab 29. Oktober 2017 attraktive Umsteigeverbindungen nach Sotschi, der Partnerstadt von Baden-Baden. Zum Einsatz kommt eine moderne Boeing 737-800 mit 189 Sitzplätzen.

Buchbar sind die Flüge ab sofort unter www.pobeda.aero. Der aktuelle Einstiegspreis beträgt ab 30,- Euro für die einfache Strecke.

Baden-Baden ist trotz politischer Krise für die meisten Russen – insbesondere die Haute Volée – auch heute noch ein Sehnsuchtsziel, ein Traum. Nicht nur zur Sowjetzeit waren russische Klassiker Pflichtlektüre in der Schule, und durch Turgenevs „Rauch“ wurde Baden-Baden zur bekanntesten deutschen Stadt.

Schon im 19. Jahrhundert hatte Baden-Baden Hochkonjunktur. Gekrönte Häupter, Politiker, Künstler und Geschäftsleute aus dem damals fernen Zarenreich zog es aus verschiedensten Gründen in die Stadt.

Die Russen der Neuzeit tun es ihren Vorfahren gleich. Manche begeben sich auf die Suche nach den Spuren der russischen Vergangenheit in der Stadt. Andere kommen, um die heilenden Quellen zu nutzen. Wieder andere geben sich einer wohltuenden Wellness-Behandlung hin. Etliche statten sicherlich dem Spiel-Casino einen Besuch ab oder nehmen das Kulturangebot des Festspielhauses an. In jedem Fall genießen sie das einmalige Flair der Stadt.

Noch heute strahlt der vergoldete Zwiebelturm mit dem russischen Kreuz der russisch-orthodoxen Kirche zur „Verklärung des Herrn“ in der Stadt. Die Kirche wurde im 19. Jahrhundert für die russischen Dauergäste gebaut und selbst bezahlt, damit sie ihre Gottesdienste nicht mehr in Privathäusern abhalten mussten.

Sehr schnell wurde Baden-Baden Sommerhauptstadt und Russland wurde vom Oberrhein aus mit Depeschen regiert. Mitte des 19. Jahrhunderts kamen bereits 5000 Russen nach Baden-Baden, soviel wie die Stadt damals Einwohner hatte.

Die größte Gruppe der Besucher waren die Vertreter des unermesslich reichen Erbadels aus Sankt Petersburg. Sie verbrachten oft die ganze Saison in Baden-Baden. Fürst Vladimir Menschikow war wohl der reichste unter ihnen. Er baute sich eine wunderschöne Villa, in deren riesigem Garten es sogar eine Hunderennbahn gab. Er pflegte in seiner Schimmeltroika durch die Stadt zu jagen, was nicht immer auf das Wohlwollen der Bürger traf. Aber auch zwei Fürsten Gagarin besaßen große Anwesen.

Die wichtigsten Besucher waren jedoch die damals schon berühmten russischen Schriftsteller. Ivan Turgenevs ‚Schlösschen‘ war in den 60iger Jahren des 19. Jahrhunderts das kulturelle Zentrum der Stadt. Der nach Europa orientierte Turgenev beherrschte Deutsch und Französisch perfekt. Er hat der Stadt Baden-Baden mit seinem Roman ‚Rauch‘ ein literarisches Denkmal gesetzt. Im Jahr 1867 begegnete er hier Fjodor M. Dostoevskij und Ivan A. Gontscharow.

Dostoevskij hat sich zweimal – im Jahr 1863 und im Jahr 1867 – in Baden-Baden aufgehalten. Zwischen den Aufenthalten entstand sein Roman ‚Der Spieler.‘ Für den vom Spielteufel getriebenen Dostojewski waren die sieben Wochen des Sommers 1867 die Hölle. Seine Anna schrieb in ihr Tagebuch: „Alle reichen Russen scheinen hier ein Haus zu besitzen.“

Auch Ivan A. Gontscharow kam allein wegen der Spielbank nach Baden-Baden, und auch er hatte, wie Dostoevskij, große Verluste.

Lev N. Tolstoj unterbrach sogar im Jahr 1857 eine Reise, um sein Glück in der Spielbank zu versuchen. Er verspielte sehr viel und musste sich Geld – auch von Turgenev – leihen (und später sein Elternhaus versetzen). Er notierte in sein Tagebuch: „Von lauter Lumpen umgeben. Und der größte Lump bin ich.“ In seinem Roman ‚Eheglück‘ beschreibt auch er Baden-Baden.

Nikolaj Gogol hat die Stadt mehrfach besucht und Vasilij Schukowskij verbrachte seine letzten Lebensjahre in Baden-Baden. Er beschrieb die Stadt als ‚paradiesisches Eckchen‘.

(Literaturessays über russische Schriftsteller finden Sie hier)

[Hanns-Martin Wietek/russland.News]

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