Die Römisch-Katholische Kirche in Russland

[von Dima Bogomolow] – Wie in vielen modernen Ländern herrscht in Russland eine Atmosphäre der religiösen Toleranz und Freiheit. Laut der russischen Verfassung hat das Land keine Staatsreligion oder Staatsweltanschauung. Jedoch bekannten sich im Jahre 2010 etwa 75 Prozent der russischen Bevölkerung zur Russisch-Orthodoxen Kirche, was – historisch gesehen – gut erklärbar ist. Einige Zaren und Kaiser des russischen Kaiserreichs förderten immer wieder den Schulterschluss mit der Kirche, da das Christentum seit fast einem Jahrtausend als offizielle Religion gilt.

Aber was betrifft das die Römisch-Katholische Kirche? Seit der Kirchenspaltung im Jahr 1054 standen sich die beiden Kirchen meist feindselig gegenüber. Viele ökumenische Konzile wurden bereits einberufen, um eine Reihe von dogmatischen und rituellen Unterschieden zu besprechen und einen Konsens zu erreichen. All diese Versuche endeten jedoch vergeblich. Am Ende des vorherigen Jahrhunderts waren die Beziehungen zwischen den russischen Kirchen wegen Streitigkeiten um ungeklärte Besitzverhältnisse von Kirchengebäude belastet, die sich in der Westukraine befinden.

Lage der Katholischen Kirche im heutigen Russland

Heutzutage scheinen die Beziehungen zwischen den Kirchen auf Versöhnung ausgerichtet zu sein. Davon zeugt das erste Treffen des Papstes mit dem Patriarchen von Moskau und der ganzen Rus in Havanna 2016. Erst vor kurzer Zeit wurde der Heilige Patrick als ein Heiliger der Orthodoxen Kirche offiziell anerkannt. Diese Ereignisse sollen den positiven Dialog zwischen den Kirchen fördern. Was den ökonomischen Zustand diverser Kirchen in Russland betrifft, existieren alle religiösen Institutionen ohne irgendwelche Finanzunterstützung von staatlicher Seite. Es gibt keine obligatorische Kirchensteuer, was bedeutet, dass sich jede Kirche selbst finanzieren muss. Fast jede bedeutende Religion in Russland hat Förderer aus der eigenen Gemeinde, wodurch ihre Existenz halbwegs gesichert ist. Auch die Spenden der Gläubigen sind ein Teil des kirchlichen Einkommens, was aber nicht ausreicht, um das nachhaltige Gemeindeleben der Kirche zu garantieren.

Meinung einer Katholikin

​Frau K., ein Mitglied der Katholischen Kirche in Moskau, hat russland.NEWS ihre Meinung über deren Situation in Moskau zum Ausdruck gebracht und ebenfalls darüber gesprochen, warum sie eigentlich die katholische Tradition bevorzugt. Eines der größten Probleme bestehe darin, dass es nur drei katholische Kirchengebäude in Moskau gibt, was für so eine große Stadt wie Moskau viel zu wenig sei. Ein anderes Problem wäre die Haltung einiger orthodoxer Gläubiger gegenüber den Katholiken. Frau K. betonte, dass sich die russischen Katholiken zu den Orthodoxen immer brüderlich verhalten, was man über die Orthodoxen leider nicht sagen könne. Was ihre Religionswahl angeht, bekennt sich Frau K aus vielen Gründen zur Katholischen Kirche. An erster Stelle steht für sie die katholische Dogmatik – sie sei „überzeugender“ als die orthodoxe. Zweitens führe man den katholischen Gottesdienst auf Russisch, während die Orthodoxen ihn auf Kirchenslawisch abhalten. Der Nachteil des Kirchenslawisch’ liegt darin, dass es nur im Rahmen der Gottesdienste benutzt wird, weshalb man fast nichts verstehe. Der letzte Grund besteht darin, dass die Römisch-Katholische Kirche progressiver sei. In der Orthodoxen Kirche existieren strengere Traditionen als in der Katholischen Kirche. „Das Wichtigste ist“, sagt Frau K. abschließend, „was du in deinem Herzen trägst“.

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