Angesichts der bevorstehenden Übernahme der Krim durch Russland verschärfen Politik und Medien in Deutschland ihre antirussische Agitation. In der allgemeinen Öffentlichkeit sei „das Verständnis für die vermeintlichen Motive Moskaus“ in puncto Krim noch „beachtlich groß“, bemängelt eine führende deutsche Tageszeitung; darin spiegele sich die Ansicht, die weltpolitischen Aggressionen des Westens seien „nicht besser oder sogar noch schlimmer“.
Vor diesem Hintergrund hat sich nun ein deutsches Leitmedium, die „Süddeutsche Zeitung“, von einer russischen PR-Beilage getrennt, deren Verbreitung sie nach einem lukrativen europäisch-russischen Wirtschaftstreffen begonnen hatte. Ein anderes Leitmedium, das Wochenblatt „Die Zeit“, „entschuldigt“ sich für den Abdruck differenzierter Texte zur Ukraine, weil deren Autor, ein freier Journalist, sich mit redaktionellen Arbeiten für die erwähnte PR-Beilage über Wasser gehalten hatte. Die deutsche Spitzenkandidatin der „Grünen“ im Europaparlament hat vergangene Woche für Ex-Kanzler Gerhard Schröder, der kritisch zur Ukraine-Politik der EU Position bezieht, ein Redeverbot verlangt. Die Forderung, das Recht auf freie Meinungsäußerung offen einzuschränken, ist erst vom Europaparlament zurückgewiesen worden, nicht von ihrer deutschen Partei.
Zwei Blöcke
Rein machtstrategisch betrachtet ist Moskau mit dem Referendum vom gestrigen Sonntag und der bevorstehenden Aufnahme der Krim in die Russische Föderation ein erster wirkungsvoller Gegenschlag gegen eine mehr als zwanzigjährige Offensive des Westens gelungen. Mit den Osterweiterungen der EU und der NATO sowie dem anschließenden Versuch, durch die „Östliche Partnerschaft“ den noch nicht endgültig festgelegten Staatengürtel zwischen dem westlichen Bündnisgebiet und Russland zu vereinnahmen, hatten Berlin, Brüssel und Washington lange Zeit Erfolg. 2008 mussten sie einen ersten Rückschlag hinnehmen, als Russland auf eine georgische Militäraggression mit der faktischen Abspaltung Abchasiens und Südossetiens aus dem georgischen Staat reagierte. In der Perspektive staatlicher Machtpolitik ist die Übernahme der Krim, mit der Moskau den wiederholten Versuch des Westens beantwortet, die Ukraine fest an sich zu binden, der erste wirklich wirkungsvolle Konter: Im Gegensatz zu Abchasien und Südossetien handelt es sich bei der Halbinsel mitten im Schwarzen Meer um ein geostrategisch bedeutendes Gebiet
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